China zündet die Bombe trotz weltweiten Moratoriums

■ Bis 1996 sind weitere Atombombentests geplant / Andere Atommächte protestieren

Peking/Berlin (AFP/taz) – Um 13.26 Uhr Ortszeit ist gestern im Testgelände von Lop Nor ein atomarer Sprengsatz gezündet worden. Nach Schätzungen des Londoner „Verification Technology Information Centers“ (Vertic) entsprach die Wirkung der Versuchsbombe etwa der Explosion von 10 bis 60 Kilotonnen TNT.

China ist das einzige Land, das zur Zeit noch Atombombentests durchführt. Die anderen Atommächte haben 1992 ein Test-Moratorium erklärt, dem sich China nicht anschloß. Trotz starker Proteste vor allem der USA wurde in Lop Nor schon im vergangenen Oktober ein Atomsprengsatz gezündet. Der Versuch, der gestern stattfand, ist von amerikanischen Beobachtern schon vor zwei Wochen vorausgesagt worden. Anders als noch im letzten Oktober hat ihn gestern aber auch das chinesische Außenministerium angekündigt, kurz bevor die Explosion stattfand.

Die Mitteilung bestand nur aus einem einzigen Satz. Politische Beobachter werten sie dennoch als Anzeichen einer gewissen Kompromißbereitschaft – die chinesische Regierung hatte frühere Tests in der Regel erst bestätigt, wenn seismographische Meßstationen im Ausland die Explosion nachgewiesen hatten. Seit Januar nimmt China im Rahmen der UNO-Abrüstungskonferenz an den Verhandlungen über einen Vertrag für ein unbeschränktes Atombombentestverbot teil. Die chinesische Delegation hat bisher einen solchen Teststopp prinzipiell unterstüzt, jedoch mit dem Vorbehalt, daß China einen entsprechenden Vertrag erst 1996 erfüllen werde. Diese Frist sei notwendig, um den technologischen Rückstand aufzuholen. Für das Jahr 1994 seien zwei Atombombenversuche geplant, Beobachter rechnen damit, daß noch in diesem Herbst ein weiterer Test in Lop Nor stattfinden wird.

Großbritannien, die USA, Japan und Australien haben gestern gegen den Atomtest protestiert. Die Sprecherin von Vertic beklagt, der chinesische Test sei ein „schwerer Rückschlag“ in den Testverbotverhandlungen. Sie befürchet vor allem, daß Frankreichs konservative Regierung nun einen weiteren Anlaß finden könnte, ihrerseits das noch von den Sozialisten erklärte Moratorium zu beenden. Bisher hat Staatspräsident Mitterrand solche Pläne strikt abgelehnt.