Sozialismus oder Barbarei

■ betr.: „Der trotzige Trotzkist“, taz- Wahlservice vom 10.6.94, „Alles Europa“, taz vom 11.6.94

Jetzt sind sie gelaufen, die Europa-Wahlen, und die taz-Kommentatoren können ihrem Zynismus und ihrer phantasielosen Perspektivlosigkeit weiteren Lauf lassen. Wem sollte sie Nutzen bringen, die noch kurz vor der Wahl hingeschmierte Kolumne gegen das „Europäische Manifest“ der IV. Internationale?

Wie dringlich die Gefahren von Arbeitslosigkeit, Faschismus und Krieg sind, die nicht nur die Arbeiterklasse, sondern die gesamte Menschheit bedrohen, sollte doch wohl in jüngster Zeit sehr deutlich geworden sein, nicht zuletzt in der Regierungsbeteiligung von Faschisten in Italien, im Straßenterror faschistischer Banden in Deutschland und im Krieg auf dem Balkan und anderswo. Es darf keinesfalls zugelassen werden, daß das Bürgertum Europa zum dritten Mal in diesem Jahrhundert in eine Katastrophe führt. Rassismus, Nationalismus/Regionalismus und Faschismus können nur ausgerottet und die Gefahr sich ausweitender Kriege nur abgewendet werden, wenn das kapitalistische Übel bei der Wurzel gepackt wird: Die Arbeiterklasse muß sich weltweit zur Überwindung der Jagd nach Profit vereinen und den Kampf für eine globale sozialistische Gesellschaft aufnehmen. Es heißt aktueller denn je, Sozialismus oder Barbarei, auch wenn es heute sogar viele „Linke“ nicht mehr hören wollen.

Die „Einheit der Linken“ ist nicht nur grundsätzlich etwas anderes als die Einheit der Arbeiterklasse, sondern das genaue Gegenteil. Viele kleinbürgerliche „Linke“ scharen sich heute noch um die bürokratischen Apparate der Gewerkschaften, der Sozialdemokratie oder neostalinistischer Organisationen und dienen diesen als sozialradikale Feigenblätter. Es wird vielen von ihnen in Zukunft sicher auch nicht schwerfallen, einer weitergeführten national-sozialistischen Propaganda die Fahne zu halten. Es wäre nicht das erste Mal, daß sich diesbezüglich die Geschichte wiederholt. Bodo Fiesecke, Berlin