„Kopflastige“ Struktur?

■ Betriebskrankenkassen entdecken Überangebot an Hochleistungsmedizin

Hamburg hat nach Ansicht der Betriebskrankenkassen (BKK) zu viele Krankenhäuser der Hochleistungsmedizin, die die Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung in die Höhe treiben. 75 Prozent der 14.400 Krankenhausbetten in der Stadt seien der Zentral- und Schwerpunktversorgung zuzuordnen, sagte Dieter Neubert, Vorstandsmitglied des BKK-Landesverbandes Nord, gestern, deutlich mehr als in anderen Ballungsräumen. Eine Behauptung, der die Gesundheitsbehörde allerdings widersprach.

Neubert bezog sich auf einer Studie vom Kieler Institut für Gesundheits-System-Forschung. Für die Region Hamburg ergaben sich danach pro Mitglied im Jahr 1991 bundesweite Spitzenausgaben von 4340 Mark, in Stuttgart zum Beispiel seien es fast 1000 Mark weniger, obwohl die medizinische Versorgung dort nicht schlechter sei. Als Hauptursache machten die Forscher aus Kiel die „kopflastige Krankenhaus-Struktur in Hamburg aus“. So stünden beispielsweise in der Region Köln nur ein Viertel der Krankenhausbetten in Hochleistungs-Krankenhäusern. „Eine Umschichtung der Betten im Krankenhausbereich hin zur Grund- und Regelversorgung“ sei in Hamburg dringend geboten, erklärte Günter Friedrichs vom BKK-Vorstand.

Wilhelm Thiele, Leiter der Abteilung für Gesundheitsversorgung in der Gesundheitsbehörde, sieht das anders. Hamburg sei nicht mit den oben genannten Regionen vergleichbar, erklärte er gestern gegenüber der taz. „Hamburg hat die Unikliniken und ist darüber hinaus auch noch für die Versorgung des Umlandes in den Schwerpunktbereichen, also beispielsweise Urologie oder dem HNO-Bereich, zuständig“, sagte Thiele. Er habe Vergleichszahlen für München und Bremen errechnet und sei zu dem Schluß gekommen, daß Hamburg bei den Kosten für die Hochleistungsbetten gut abschneide. Außerdem sei die Grund- und Regelversorgung eher eine Aufgabe der Kreiskrankenhäuser auf dem Land.

Übereinstimmung zwischen Kassen und Gesundheitsbehörde herrschte dagegen in der Frage der Bettenreduzierung. Lediglich in der Zahl variierten die Vorstellungen. Während die Überlegungen der Gesundheitsbehörde von etwa 600 Krankenhausbetten ausgehen, hält der BKK-Landesverband eine Verringerung um etwa 900 Betten für angemessen. dpa/taz