■ Das Portrait
: Klaus Hänsch

Deutscher Europäer Foto: Marc Darchinger

Daß mit Klaus Hänsch gestern zum zweiten Mal hintereinander ein Deutscher zum Präsident des Europäischen Parlaments gewählt wurde, spricht allein schon für sich und für den Kandidaten: Der Sozialdemokrat wird durch die Bänke aller politischen Fraktionen als beharrlicher, zuverlässiger, fleißiger und kompententer Kollege geschätzt. Der 55jährige selbst gibt sich eher bescheiden und zurückhaltend: „Ich verdiene mehr als ein Durchschnittsbürger, deshalb kann man von mir auch mehr Arbeit erwarten.“

Hänsch bezeichnet sich als einen „deutschen Europäer“: Er wurde 1938 in Schlesien geboren. Die Familie mußte flüchten, das Arbeiterkind wuchs nahe der dänischen Grenze in Schleswig-Holstein auf. Hänsch studierte Politik, Geschichte und Soziologie in Köln und Paris, anschließend ging er während der Studentenunruhen als Assistent an die Freie Universität nach Berlin, wo er auch in die SPD eintrat und als Unterbezirkskassierer die Kreuzberger Hinterhöfe und ihre Bewohner kennenlernte. Auf Fragen, ob er ein 68er gewesen sei, antwortet er zurückhaltend diplomatisch: Zwar habe man damals eine Reihe richtiger Fragen gestellt, doch „Steine sind keine Argumente“.

Für ihn folgerichtig wechselte er als Redakteur zu Dokumente und ging dann als Pressesprecher des damaligen Wissenschaftsministers Rau in die nordrhein-westfälische Landespolitik, bevor er schließlich 1979 ins erste Europäische Parlament in Straßburg einzog. Durchaus selbstkritisch kündigt er an, das Parlament künftig von technischem Kleinkram und fruchtlosen Debatten wie etwa der über Geräuschpegel von Rasenmähern zu entlasten. Getreu dem neuen Schlagwort „Europa der Bürger“ will er die Arbeit effektiver und öffentlichkeitswirksamer gestalten. Weitere Schwerpunkte sieht der zweite Vorsitzende der sozialistischen Fraktion in der Außen- und Sicherheitspolitik, wo er sich als Koordinator des zuständigen Ausschusses profiliert hat. Sein Hauptziel gilt aber der Stärkung des Parlaments, das er zu „einem gleichberechtigten und gleichgewichtigen Organ in der EU“ machen will. Dabei wird er sich wie kein Amtsvorgänger an seinen Taten messen lassen müssen: 1996, wenn der Maastrichter Vertrag und damit die Parlamentsrechte neu verhandelt werden. Politisches Profil hat er jedenfalls schon gestern bewiesen: „Die Kandidatur von Santer ist kein Selbstläufer und keineswegs sicher.“ Barbara Baltsch