Einmal Betrüger, immer Betrüger?

■ Wiederholungstäter bereiten Richtern Kopfschmerzen / Therapieangebote

„Ich gebe das so zu, wie es in der Anklageschrift steht“, sagte Manfred S., Wiederholungstäter in Sachen Betrug, vor wenigen Tagen vor Gericht. Damit nahm Manfred S. dem Richter am Amtsgericht, Klaus Richter, den Wind aus den Segeln. Dennoch wollte dieser wissen, wie man dazu kommt, mehrfach Mietvorschüsse für Wohnungen zu kassieren, die einem gar nicht gehören, und Kaufverträge über Häuser abzuschließen, die man nie und nimmer bezahlen kann.

Doch Manfred S. hatte gestanden und nichts mehr zu sagen: „Ich kann mir das auch nicht erklären.“ Richter legte die Stirn in Falten: „Das war doch auch schon Gegenstand ihrer letzten Verurteilung. Haben Sie da nicht Lehrgeld gezahlt?“ Zu eineinhalb Jahren Knast war Manfred S. wegen Betrugs in zwei Fällen verurteilt worden. Mittlerweile hat er satte 26 Eintragungen im Strafregister und ungefähr zwei Millionen Mark Schulden. Früher machte er seine Betrügereien mit illegalen Vorauszahlungen von Gebrauchtwagen.

„Man sitzt als Richter davor, und fragt sich – was passiert in solchen Köpfen?“ sagt Klaus Richter. „Vielleicht sind das nun geborene Betrüger, die gar nicht anders können?“ Ein psychiatrisches Gutachten könne allerdings nur angefordert werden, wenn ein erkennbares Krankheitsbild vorliegt oder ein Hirnschaden vermutet werden kann. Aber die Tatsache der Mehrfachtäterschaft allein habe keinen Krankheitswert. Ein Therapie-Schema gebe es für diese Tätergruppe nicht.

Dabei gibt es sehr wohl Therapie-Möglichkeiten. Die meisten Bundesländer haben dafür Sozialtherapeutische Anstalten. Bremen zwar nicht, aber die Justizvollzugsanstalt Oslebshausen bietet einige Therapiemöglichkeiten im Bereich Sucht an, aber auch Einzeltherapie bei externen Psychologen, die der Vollzug bezahlt. Ansonsten vermitteln sie Straftäter an die Sozialtherapeutischen Anstalten in Hamburg, Hessen und Niedersachsen, mit denen sie länderübergreifend zusammenarbeitet. Obgleich im Urteil nur die Freiheitsstrafe verkündet wird, haben alle Straftäter die Möglichkeit, in der Haftanstalt den Antrag auf eine Therapie zu stellen. Viele wollen nicht. Immerhin sind nach Schätzung von Hans-Henning Hoff, Anstaltsleiter der JVA Oslebshausen, mindestens 80 Prozent der Haftinsassen Wiederholungstäter.

Der angeklagte Wiederholungstäter Manfred S. ist ein untypischer Betrüger. „Richtige“ Betrüger tricksen selbst in der Hauptverhandlung noch herum, sagt Richter. Die meisten „gehen das Risiko bewußt ein“, sagt Staatsanwalt Hans-Georg von Bock und Polach. „Bei solchen Fällen darf man nicht so blauäugig sein, daß sich jemand resozialisiert.“ Besser sei es, den Betreffenden vorläufig aus dem Verkehr zu ziehen, findet von Bock und Polach. Ob Manfred S. dies Schicksal erwartet, wird sich in der nächsten Verhandlung im August herausstellen. Vivianne Agena