■ RAF-Gefangene suchen neue Anhänger
: Hilfe: Hungerstreik!

Das Projekt trug den Namen „Aufbau einer Gegenmacht von unten“, es wurde vor fünf Jahren im Anschluß an den letzten Hungerstreik der RAF-Gefangenen auf den Weg gebracht. In einem lichten Moment hatten Militante wie Gefangene aus der RAF die eigene hoffnungslose politische Isolation erkannt. Eine „Zäsur“ sollte nach zwei Jahrzehnten des bewaffneten Kampfes die Rückkehr in die radikale linke Szene ermöglichen. Der Führungsanspruch in Sachen „wer ist der Militanteste im Land“ wurde in Frage gestellt, 1992 verzichtete der Untergrund dann schriftlich darauf, weitere Morde zu begehen. Geworden ist aus der Idee bislang nichts.

Eine Zäsur erfolgte nur insofern, als sich das RAF- Kollektiv spaltete. Katalysator dafür war die sogenannte Gefangenenfrage: ob die zu lebenslanger Haft Verurteilten in absehbarer Zeit aus den Gefängnissen entlassen werden können und zu welchem Preis. Die Perspektive dafür hatte der frühere Justizminister Klaus Kinkel eröffnet. Er hatte im Frühjahr 1992 öffentlich für eine Aussöhnung des Staates mit den Terroristen plädiert, wenn diese im Gegenzug ihr mörderisches Treiben einstellten. Für eine kurze Zeit gab es die Chance, den politisch motivierten Terrorismus in der Bundesrepublik quasi auf dem Verhandlungsweg zu einem Ende zu bringen. Die Möglichkeit wurde dann allerdings nach allen Regeln der Kunst in den Sand gesetzt. Stationen waren die neuen Prozesse gegen ohnehin schon Verurteilte, das Fahndungsdesaster von Bad Kleinen, nicht zuletzt ist es der Kleinmut der Karlsruher Bundesanwälte, die die kriegsmüden RAF-Gefangenen vor einer Freilassung über die Hürde des Abschwörens und einer psychiatrischen Begutachtung springen lassen wollen.

Kinkels Initiative steckte fest. Der Knoten platzte erst, als ein Teil der Gefangenen, angeblich mit Wissen der sogenannten Kommandoebene, versuchte, der Aussöhnungsinitiative neues Leben einzuhauchen. Die in Celle einsitzenden Gefangenen hatten versucht, den Daimler-Chef Reuter und den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Bubis, als Emissäre zu gewinnen. Für die, die gestern ihren Hungerstreik begangen, war das Verrat, das Ende des gemeinsamen Weges. Signifikant für die Tiefe des Risses ist, daß in der gestrigen Hungerstreikerklärung nicht ein einziges Mal das Kürzel „RAF“ verwendet wird. Und da scheint der hintergründige Sinn der Hungerstreikerklärung hervor. Nicht nur, daß die Hungerstreikenden Gott und die Welt auffordern, für ihre Freilassung zu kämpfen – nach der Spaltung im Untergrund sind sie offenbar auch auf der Suche nach neuen UnterstützerInnen. Wolfgang Gast