"Wir werden sie weiter schlagen"

■ Elmar Diez hofft auf Spenden für seinen Prozeß. Der Gesamtschullehrer und Stadtverordnete der Bündnisgrünen von Hanau hat im Namen seiner Tochter Clara gegen die Brennelementfabrik des Siemens-Konzerns ...

taz: Hat Ihre Tochter verstanden, warum das Gericht ihre Klage gegen die Plutoniumfabrik in Hanau abgewiesen hat?

Elmar Diez: Nein, dafür ist sie noch zu klein.

Und Sie?

Ich bin natürlich sehr, sehr enttäuscht. Es ist eine Niederlage für die Anti-AKW-Bewegung und ein zweifelhafter Sieg der Atommafia, doch wir werden sie weiter schlagen, wo wir können.

Warum haben Sie im Namen Ihrer Tochter geklagt?

Wir sind der Auffassung, daß die Gefahren der Plutoniumindustrie nicht zu bewältigen sind. Besonders Kinder sind davon betroffen. Radioaktivität hat auf Kinder eine sehr viel schärfere Auswirkung als auf Erwachsene. Ich habe meine Verantwortung als Elternteil wahrgenommen, denn unsere Kinder sind unsere Zukunft. Allerdings hat das Gericht es nicht einmal für nötig gehalten, sich zur Klagebefugnis von Clara zu äußern. Das heißt doch, unsere Kinder haben nichts zu melden und auch nicht die Möglichkeit, ihre Rechte einzuklagen.

Es ist zu befürchten, daß dieses Gerichtsurteil Schule macht und auch künftig kein Mitspracherecht für im Bau befindliche Anlagen besteht, auch wenn ihre Sicherheit nicht gewährleistet ist.

Ja, das ist allerdings zu befürchten, und dies ist das Schlimme, daß sich jetzt die Atomlobby gestärkt fühlt, obwohl niemand mehr daran glaubt, daß Siemens die Anlage überhaupt bauen wird.

Was wollen Sie weiter tun?

Ich bin immer davon ausgegangen, daß die Rechte der Bürger im Vordergrund stehen und nicht die Rechte der Unternehmen. Doch dies ist bedauerlicherweise ein unternehmerfreundliches Urteil, bei dem der Schutz der Bevölkerung hintan gestellt wird. Während des Umbaus der Anlage sind Löcher in den Wänden aufgetreten, selbst die Reaktorsicherheitskommission hat zugegeben, daß hier Brennelemente hätten herausgeschmuggelt werden können. Das solche Gefahren in Zukunft anscheinend keine Rolle spielen, enttäuscht mich aufs äußerste. Es ist nicht tragbar, daß wir nur das Recht haben, in das Genehmigungsverfahren einzugreifen, aber nicht mehr gefragt werden, wenn es zu baulichen Änderungen kommt, von denen vorher nicht die Rede ist. Zunächst müssen wir das Urteil respektieren, die schriftliche Begründung abwarten und uns dann überlegen, ob wir weitere Schritte einleiten. Ich werde jedenfalls nicht aus Hanau wegziehen, sondern im Parlament die politischen Möglichkeiten weiter nutzen. Doch die Anti-AKW-Bewegung muß ihre Kraft sicherlich verstärken und bündeln, vor allem nach der Bundestagswahl.

Was hätte die Anti-AKW-Bewegung noch mehr tun können?

Wir haben getan, was wir konnten. Für Haarspaltereien, wie sie das Gericht in diesem Falle betrieben hat, ist in der Anti-AKW-Bewegung kein Platz.

Die Entscheidung über die Klage gegen die fünfte und sechste Teilgenehmigung der Anlage steht im Herbst bevor.

Es ist zu befürchten, daß genauso entschieden wird wie hier. Wir überlegen, ob wir die Klage zurückziehen. Möglicherweise kann das Geld an anderer Stelle besser ausgegeben werden.

Ihnen wurden die gerichtlichen Kosten und auch die außergerichtlichen Kosten für die Klage zu zwei Dritteln aufgebrummt, dazu kommen die vollen Kosten für das Revisionsverfahren in Kassel. Wissen Sie schon, wieviel das sein wird?

Etwa 40.000 Mark. Als Vertreter der Anti-AKW-Bewegung sind wir auf Spenden angewiesen. Ich habe zwar persönlich den Prozeß verloren, doch hoffe ich, daß ich nicht auf den Kosten sitzenbleibe. Ich selbst werde also sicherlich nicht dafür aufkommen müssen. Wir wollen eine große Spendenaktion anschieben. Fragen: Susanne Krispin