Keine Verhandlung mit Gefangenen

■ Justizstaatssekretär Detlef Borrmann zu den Forderungen der Gefangenen in der Haftanstalt Tegel nach gleichen Haftbedingungen

taz: Der stellvertretende Leiter der Abteilung Strafvollzug, Wolf- Dieter Krebs, war nach dem Abbruch des Hungerstreiks gestern in der Haftanstalt Tegel. Hat er mit Insassenvertretern und Streikbeteiligten geredet?

Detlef Borrmann: Herr Krebs hat sich in der Anstalt über die Situation informiert. Dabei hat er sich auch die Wünsche und Probleme der Gefangenen angehört.

Mit welchem Ergebnis?

Ein Ergebnis konnte es nicht geben, weil mit den Gefangenen zwar gesprochen, aber nicht verhandelt wurde. Die gerade neu eingeführte Anstaltsstruktur steht nicht zur Disposition, beispielsweise die Unterteilung in drogenbelastete und drogenfreie Bereiche und der Tagesablauf in beiden Bereichen.

Was hindert Sie daran, über die Struktur erneut nachzudenken?

Nachdenken können wir immer. Aber wir verhandeln nicht mit Gefangenen darüber. Im übrigen sehen wir zur Zeit noch keinen Änderungsbedarf. Selbstverständlich lassen wir uns aber nach angemessener Zeit über die Erfahrungen mit dem neuen Konzept berichten.

Die Gefangenen erhoffen sich von der Justizverwaltung eine Garantie, daß den am Streik Beteiligten daraus keine Nachteile erwachsen. Außerdem fordern sie die Rückverlegung der strafverlegten Insassenvertreter.

Darüber wird die Anstalt zu befinden haben. Mit disziplinarischen Konsequenzen für die Gefangenen rechne ich nicht. Der Anstaltsleiter wird noch diese Woche die Frage einer Rückverlegung prüfen.

Einer der strafverlegten Insassenvertreter ist seit Sonntag in Moabit im Durststreik. Er und die anderen Insassenvertreter waren nach Informationen der taz sehr bemüht, den Streik nicht eskalieren zu lassen. Trotzdem werden sie von der Anstaltsleitung als Rädelsführer dargestellt.

Nach Erkenntnissen der Anstaltsleitung hatte auch dieser Gefangene die Aktion geschürt und ist deshalb aus Sicherheitsgründen verlegt worden.

Warum schaltet sich die Justizverwaltung nicht ein, um den Konflikt zu schlichten?

Die Bemühungen der Anstaltsleitung um eine Entschärfung sind von der Justizverwaltung selbstverständlich unterstützt worden.

Justizsenatorin Peschel-Gutzeit hat in ihrem Amtsantritts-Interview in der taz gesagt, sie habe sich in Hamburg bei Konflikten selbst in die Strafanstalten begeben. Für Berlin ist das aber demnach nur ein Lippenbekenntnis?

Nein, das ist kein Lippenbekenntnis, besagt es doch nichts zu jedem einzelnen Fall. Es kommt darauf an, ob überhaupt Fragen der politischen Verantwortung berührt waren. Ich meine, bei diesem Konflikt nein. Im übrigen hat die Senatorin bereits alle Anstalten in Berlin besucht.

Aber nicht, als der Konflikt in Tegel ausgebrochen ist.

Da war sie praktisch schon im Urlaub.

Wie stellen Sie sich eine Konfliktlösung vor?

Wir prüfen natürlich alle Verbesserungsvorschläge. Die Forderungen der Häftlinge nach Kühlschränken beispielsweise werden wir nicht deshalb vergessen, weil sie im Zusammenhang mit dieser Aktion vorgebracht wurden. Man kann aber nicht von einem auf den anderen Tag in so einem Gemäuer Kühlschränke aufstellen. Ich weiß nicht, ob Sie unser Steckdosenprogramm verfolgt haben ...

Dieses Jahr also keine Kühlschränke mehr?

Ich würde nie sagen, das geht überhaupt nicht. Aber eben nicht in drei Wochen. Das hängt im übrigen von den baulich-technischen und insbesondere finanziellen Voraussetzungen ab. Interview: Plutonia Plarre