Öl auf die Wogen vor Sylt gekippt

■ Ölteppich wird für Untersuchung aus dem Weltall absichtlich ausgebracht

Westerland (taz) – Umweltschützer und Bürger von Sylt sind empört: Ein Ölteppich soll absichtlich elf Seemeilen westlich der nordfriesischen Insel ausgebracht werden. Zweck der Übung: Die amerikanische Raumfähre „Endeavour“ soll dieses Gebiet dreimal zwischen dem 23. und 25. August überfliegen und testen, ob mit einer speziellen Radaranlage der Öl-Teppich eindeutig als solcher zu identifizieren ist.

Das Projekt unter der Leitung der Deutschen Agentur für Raumfahrtangelegenheiten (Dara) in Bonn wird koordiniert vom Institut für Meeresforschung der Universität Hamburg. Dieses Öl-Experiment sei grundsätzlich für den Umweltschutz interessant, weil damit Ölsünder früher zu erkennen sind, versucht Werner Mansen von der Naturschutzgemeinschaft Sylt Kritiker zu beruhigen.

Doch die Umweltschützer monieren die Vorgehensweise. Keinerlei Untersuchungen über die Umweltverträglichkeit seien vorab erstellt worden, geschweige denn, daß das Kieler Umweltministerium, das Nationalparkamt Wattenmeer oder die Naturschützer darüber informiert wurden. „Wir haben davon aus der Zeitung erfahren“, erbost sich Mansen.

Bürger der Insel haben spontan eine Unterschriftenaktion gestartet. 600 Liter Schweröl, 100 Liter Dieselöl und etwa 300 Liter andere ölhaltige chemische Substanzen werden nach Angaben von Mansen in die Nordsee 20 Kilometer westlich von Sylt gekippt. Und das ist ein Gebiet, daß Umweltexperten als besonders schützenswert einstufen. Es ist die Kinderstube der bedrohten Schweinswale, die derzeit ihre Jungen aufziehen. Außerdem halten sich dort zur Zeit Zehntausende von Trauerenten auf, die dort ihr Gefieder wechseln. Geprüft werden müsse nach Ansicht der Umweltschützer auch, wie stark sich das wassergefährdende Experiment auf das Plankton, die Fischfauna und die Qualität des Badewassers auswirke.

„Wir planen keine Nacht-und- Nebel-Aktion“, verteidigt Martin Gade vom Institut für Meeresforschung der Uni Hamburg das Projekt und verweist darauf, daß die Sonderstelle für Ölunfälle in Cuxhaven das Experiment genehmigt hat. Anders als die Umweltschützer vermelden, werde der Teppich mit den Chemikalien nicht über eine Fläche von zehn Quadratkilometern ausgebracht, sondern über einen halben Quadratkilometer, erklärte Gade. Außerdem werde der Ölfilm doch anschließend wieder abgesaugt.

Das aber ist für Umweltschützer Mansen kein Grund zur Entwarnung. Bei Wellengang und Wind sei es unkalkulierbar, wieviel von dem Öl wieder eingefangen werde. Doch Gade verweist darauf, daß das Experiment nur bei guten Wetterbedingungen stattfindet. Denn bei schlechter Witterung sinken die Chancen, daß der Ölteppich groß genug bleibe, um von der Raumfähre erkannt zu werden. Deshalb seien auch für die Fähre drei Gelegenheiten zum Überfliegen des Versuchsgebietes geplant.

Mansen wiederum hält dies für Beschwichtigungstaktik. Er hofft, die Organisatoren des Experiments noch dazu zu bringen, das Experiment wesentlich weiter draußen zu veranstalten und noch eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor Beginn des Projektes durchzuführen. Aber selbst das Umweltministerium muß sich nach Angaben seines Sprechers Wolfgang Götze noch darum bemühen, auch einmal angehört zu werden und genauere Informationen zu erhalten. Kersten Kampe