Abschied vom eigenen Auto

■ Greenpeace will zusammen mit "Stattauto" mit einer kostenlosen MobilCard die BerlinerInnen im September zum Car-Sharing animieren / "Handeln anstatt reden"

Zum „glücklichen Abschied“ vom eigenen Auto will die Umweltorganisation Greenpeace die BerlinerInnen im September mit der Aktion „Pro Car-Sharing contra Klimakollaps“ animieren. In dieser Zeit kann jeder kostenlos die „MobilCard“ von Deutschlands größtem Car-Sharing-Unternehmen „Stattauto“ testen. Lediglich die gefahrenen Kilometer müssen bezahlt werden.

Bei dem seit sechs Jahren bestehenden Kreuzberger Unternehmen teilen sich derzeit 1.622 Leute 104 Autos. An 21 Stationen in der Stadt stehen die Opel, Fiat, Ford, Kleinbusse und sogar zwei Lastenräder auf Abruf bereit. Sie können über eine rund um die Uhr besetzte Zentrale gebucht werden. Papiere und Autoschlüssel sind in einem Tresor deponiert, der sich nur mit der MobilCard öffnen läßt. Beim Einschieben der Karte wird die Teilnehmernummer registriert.

Diese Geheimzahl muß auch angegeben werden, wenn sich der Stattauto-Fahrer telefonisch Bahntickets reserviert, ein Taxi ruft oder verbilligt ein Kanu mietet. Zudem klebt die Umweltmarke der BVG auf dem Plastik- Rechteck. „Denn es geht um das intelligente Verbinden der unterschiedlichen Verkehrsmittel“, erläutert der Geschäftsführer der Car-Sharing GmbH, Markus Petersen, der vor sechs Jahren mit seinem Bruder auf die Idee des „Auto-Teilens“ kam.

Ein halbes Jahr vor der Weltklimakonferenz in Berlin im März 1995 solle den Politikern gezeigt werden, daß Handeln anstatt reden angesagt sei, begründet Greenpeace-Verkehrsexperte Alois Vedder die Aktion. Kohlendioxyd sei die Hauptursache für den Treibhauseffekt. Die globale Erwärmung der Atmosphäre könne gestoppt werden, wenn Länder wie Deutschland 50 Prozent des Klimakillers bis zum Jahr 2010 einsparen. Immerhin produzieren die deutschen Autofahrer jährlich 120 Millionen Tonnen davon. Dem wirke das intelligente, geldsparende und umweltschonende Car-Sharing entgegen.

Car-Sharer fahren 75 Prozent weniger

Car-Sharer fahren im Durchschnitt 75 Prozent weniger Autokilometer als „normale“ Autobesitzer und sparen dabei je nach Auto- Typ 2.000 bis 3.000 Mark im Jahr. Für Leute, die jeden Tag mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen, lohnt sich „Stattauto“ freilich nicht, wie Petersen einräumt. Car- Sharer nutzen den fahrbaren Untersatz meistens für Ausflüge oder Transporte.

Für 200 Mark kann bei „Stattauto“ jeder Mitglied werden. Hinzu kommt eine Einlage von mindestens 800 Mark, die bei Austritt zurückerstattet wird. Von diesem Kapital werden Versicherung und Wartung der Fahrzeuge sowie Neuanschaffungen bestritten. Monatlich hat jedes Mitglied zehn Mark zu zahlen. Alle Fahrzeuge sind nicht älter als zwei Jahre und vollkaskoversichert. Der Stundentarif liegt durchschnittlich bei fünf Mark und in der Nacht von 0.00 bis 8.00 Uhr ist ein Pauschalbeitrag von acht Mark zu leisten. Für Frauen ist diese gefährliche Zeit kostenlos.

Der durchschnittliche „Stattauto“-Car-Sharer ist 33 Jahre alt, voll berufstätig und hat einen Hochschulabschluß. In der Regel wohnt er zehn Minuten von seiner Station entfernt. Insgesamt gibt es in Deutschland rund 50 derartige Unternehmen – in Berlin zwei. Während die über 40 Millionen Autos in Deutschland im Durchnitt maximal eine Stunde am Tag bewegt werden, ist die „Stattauto“- Auslastung schon 3,2mal höher. Da werde in 30 Jahren wohl über Privatauto-Besitzer nur noch gelächelt wie heute über Manta-Fahrer, meint Petersen. Marion Schierz (ddp/ADN)

Stattauto, Manteuffelstraße 40, 10997 Berlin, Tel. 611 35 27, 611 36 27