Fettig zerlegte Schlemmertorte

■ Maritime Woche: „Meistermarken-Werk“ macht die Tore und Backcremekübel auf

„Schlemmertorten, so richtig was für Genießer“. Dieser Satz hängt den BesucherInnen des „Meisterwarenwerks“ im Holzhafen vielleicht noch im Ohr, während sie in weißen Häubchen und Kitteln eher etwas gequält auf dem fettigen Boden zwischen gigantischen Mixkübeln herumschliddern. Von Schlemmertorten keine Spur. Die rund 40 BesucherInnen 0nehmen das Angebote im Rahmen der „Maritimen Woche“ wahr und besichtigen die Unilever-Tochter. „Wenn–s in Bremen was umsonst gibt, dann kommen die Leute auch“, lacht einer der BesucherInnen.

Da will ein Hobbybäcker endlich „Ziehmargarine“ (für Blätterteig) „in echt“ sehen, weil sie für den kleinen Verbraucher nicht erwerblich ist. Ein Bäcker will seinem frischen Lehrling zeigen, wo die Backcremes herkommen. Wieder ein anderer studiert Produktionstechnik und will „mal so gucken“. „Ich schau mir gerne Firmen an“, ist der Tenor der meisten BesucherInnen. Manche haben sich schon morgens bei Eduscho getroffen. „Da gabs noch nicht mal einen Kaffee“, maulen sie.

„Meistermarken“ tischt Kaffe und Kekse auf, die allerdings „von Aldi“ kommen. Das ist Günter Döring, Leiter des Besucherzentrums, nicht mal peinlich. Denn entgegen aller schönen Bilder, die da von Torten, Puddingen und bunten Cremes über die Leinwand flimmern, werden im Bremer Werk nur Basis-Substanzen zur Weiterverwendung hergestellt: Backcremes für Feingebäcke, Fettglasuren, Speiseöle, Emulsionen. Das ist selbstverständlich alles eine Wissenschaft für sich. Über das Fett für Pommes zum Beispiel diskutieren Fachkräfte in „Fettseminaren“. Auch im Labor zerbricht man sich die Köpfe, bis das neue Quarkfertigmix steht.

Denn welcher Bäcker geht heute noch das Risiko ein, Eier, Mehl und Butter selbst zusammenzumixen. „Da ist die Backcreme viel sicherer“, sagt Dieter Bosum, Assistent der Betriebsleitung. In der Creme ist eben alles drin, fast wie beim Fertig-Mix im Supermarkt. Bisher hat das Werk der „Vollkornwelle“ nicht vertraut, Versuche mit Rohstoffen aus ökologischem Anbau laufen. Bei Eiscreme fragt ja ohnehin keiner nach dem Öko-Bio-Wert, doch da haben die „Meisterwerke“ ihre Aktien drin: „Wir haben bei acht von zehn Eiscremes mitgemischt“, lacht Döring. Besonders stolz spricht er von „unserer Sauce Hollandaise“. Ob Hausmann oder Berufsköchin: Nie wieder das Risikospiel mit der geronnenen Butter in der Spargelsauce. Dank Säureregulatoren, Verdickungsmitteln und Geschmacksverstärkern klappt es auf Anhieb. Und zur Spargelzeit wird im Delmenhorster Zweigwerk für die Sauce rund um die Uhr Sonderschicht geschoben. Da machen alle mit. Denn jeder Mitarbeiter ist ein „Schlüssel zum Erfolg“.

Seit 10 Jahren gibt es eine Firmenphilosophie, die dem Mitarbeiter qua öffentlichem Aushang versichert: „Seine Freude an der Arbeit ist ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg“. Außerdem verliere keiner seine Arbeit wegen eines Alkoholproblems, sagt Döring. Daß im Werk bei 100 MitarbeiterInnen jeder Einzelne zähle, wirkt im Vergleich zu den vielen Maschinen nun doch beruhigend, murmelt eine Besucherin.

Denn da gibt es Maschinen, die sich mit wenigen Handgriffen umrüsten lassen. „Unsere eierlegenden Wollbuttermaschinen“, findet Bosum. Mal packen sie was ein, mal befördern sie oder verpacken was. Auf sechs Stockwerken pladdert das Backfett herum. Mal fällt das heiße Fett in einen Kühlturm, wodurch es sozusagen pulverisiert, dann wird es auf einer automatischen Waage gemischt, dann wieder in Kartons gefüllt. In einem über zwei Stockwerke großem Kübel schwappen vier Tonnen Backcreme gelblich herum. Eine Besucherin niest. Überall staubt es mehlig und kitzelt die Nase mit Vanille- und Schokogerüchen – das war dann der Unterschied zur „Sendung mit der Maus“. Vivianne Agena