Warum Hackmann gegangen ist

■ Und warum die Hamburger Polizei erst jetzt Konsequenzen ergreift

Am letzten Donnerstag deckte die taz Hamburg den Skandal auf: Im Januar hatten zwei betrunkene Polizisten den Senegalesen Dialle D. krankenhausreif geschlagen. Sie fühlten sich durch den Aufkleber „Gebt den Nazis keine Chance“, den der Mann an seiner Mütze trug, provoziert. Im Mai wurden die beiden Polizisten unter Ausschluß der Öffentlichkeit zu Geldstrafen verurteilt, durften aber weiterhin im Dienst bleiben.

Hackmann stellte sich nach der Veröffentlichung zunächst vor die Polizei, am Freitag ordnete er allerdings die „Strafversetzung“ der Täter an. Am Sonnabend gab Hackmann zu, bereits im Mai von dem Vorgang informiert worden zu sein und Fehler gemacht zu haben: „Da ist mir etwas durch die Lappen gegangen.“ Der Verdacht erhärtete sich, daß der Senator von seinem Apparat „bewußt dumm gehalten“ wurde, wie es der Hamburger Grünen-Politiker Manfred Mahr formuliert. Hackmann hätte von der Prügelei schon im Januar informiert werden müssen, und zwar von der „Abteilung zur Aufklärung von Beamtendelikten“, die Hackmanns Staatsrat Dirk Reimers direkt untersteht.

Hamburgs Polizei hat sich in den letzten Jahren häufig durch Übergriffe und einen strammen Korpsgeist hervorgetan. Trotzdem hat Hackmann lange Zeit keine gravierenden Personalentscheidungen getroffen. Hamburger Polizeichef ist heute Heinz Krappen – einer der vier Verantwortlichen für den berüchtigten Hamburger Polizeikessel von 1986. Als Ende der achtziger Jahre die ersten Beschwerden über die Sondereinheit „Einsatzzug Mitte“ wegen rechtsradikaler Tendenzen bekannt wurden, nannte Hackmann die Vorwürfe noch eine „gezielte Kampagne gegen eine erfolgreiche Einheit“. In den vergangenen Jahren rückte vor allem das „Revier 16“ ins Licht der Öffentlichkeit: Mehrfach wurden dort Menschen vorsätzlich verprügelt und mißhandelt. Gegen die Beamten des „Szenereviers“ im Schanzenviertel sind rund 130 Strafanzeigen gestellt worden, die fast alle folgenlos blieben. Erst als amnesty international diese Menschenrechtsverletzungen anprangerte, wurde auch Hackmann nachdenklich.

Die Wende in Werner Hackmanns Sichtweise kam im Juni diesen Jahres. Bei einer Kundgebung des rechtsradikalen FPÖ-Vorsitzenden Jörg Haider auf dem Hamburger Gänsemarkt prügelten Beamte brutal auf Demonstranten und Journalisten ein und verletzten den ARD-Reporter Oliver Neß schwer. Hackmann versuchte danach, „strukturelle Defizite“ in der Polizei aufzudecken, um „die schwarzen Schafe“ ausfindig zu machen. Doch der Polizeiapparat deckte die Schläger vom Gänsemarkt ebenso wie die Beamten, die wenige Tage später in einem Park Jagd auf Schwarzafrikaner machten.

Erst Hackmanns Rücktritt bringt jetzt Bewegung in die jahrelange Verschleppungspolitik von Polizei und Politikern. Vorgestern abend kündigte Justizsenator Klaus Hardraht an, er werde alle in den letzten Jahren eingestellten Ermittlungsverfahren gegen die Polizei wieder aufrollen. Und gestern nachmittag kündigte Staatsrat Dirk Reimers die Suspendierung von 27 Polizisten wegen ausländerfeindlicher Übergriffe an. Der Mann hatte eine Scharte auszuwetzen. Kaija Kutter/

Kai von Appen, Hamburg