„Wir konnten die ja nicht ins Stadion stecken“

■ Bremer Polizei vom Tag der Einheit überfordert / Polizeieinsatz umstritten

Bremen (taz) – Angesichts der schweren Krawalle am Tag der Einheit in Bremen forderte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Hermann Lutz, gestern eine „strenge Überprüfung des offensichtlich falschen Sicherheitskonzeptes von Polizei und Staatsanwaltschaften“. Trotz personeller Übermacht sei die Polizei nicht in der Lage gewesen, die Einheitsfeiern vor DemonstrantInnen zu schützen. Bei den DemonstrantInnen handelte es sich seiner Meinung nach um „hochgradig Kriminelle“.

Bremens Bürgermeister Klaus Wedemeier meinte dagegen: „Wir Bremer können stolz auf unser dreitägiges Fest sein.“ Einem verletzten Hamburger Polizisten ließ Bremens Stadtoberhaupt von seinem Staatsrat ein „Präsent“ ins Krankenhaus bringen. Gleichzeitig merkte er an: „Das waren keine Demonstranten, die ihr Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen wollten.“

Im Vorfeld waren in Bremen alle Demonstrationen am 3. Oktober verboten worden. Die Polizei hatte insgesamt 274 Personen in Gewahrsam genommen, die sie aber bis gestern alle wieder auf freien Fuß setzte. Nachdem der illegale Demonstrationszug aufgelöst worden war, sickerten Hunderte von DemonstrantInnen auf den Marktplatz und mischten sich unter die Würstchenbuden. Als Bundespräsident Roman Herzog, nur von vierzig „Zivilen“ abgeschirmt, über den Marktplatz gehen wollte, war er sofort von Pfiffen und Eierwürfen empfangen worden. Herzog brach kurz darauf seinen Bremen-Besuch ab. Damit habe Herzog weitere Polizeieinsätze vermeiden wollen, die nur aufgrund seines weiteren Besuchs erforderlich geworden wären, erklärte sein Sprecher gestern.

Der Bremer Polizeipräsident Rolf Lüken wies gestern die Kritik der Gewerkschaft der Polizei zurück. „Der Sachverstand, die Ereignisse zu beurteilen, wächst anscheinend mit zunehmender Entfernung zum Problem“, kommentierte er die GdP. Er räumte allerdings ein, daß die Polizei mit der vorläufigen Verhaftung von 274 Randalierern auf „Kapazitätsprobleme“ gestoßen sei: „Wir konnten die ja nicht, wie in Südamerika, alle ins Weserstadion stecken.“ Klaus Wolschner