Ramsauer ist sauer

■ „amnesty international“ kritisiert den Skandalbrief des CSU-Abgeordneten

Berlin (taz) – Peter Ramsauer ist sauer. Wie konnte man sein Schreiben an den chinesischen Botschafter (siehe taz vom 13.10.94) nur so mißverstehen? Daß sein Brief vom Juli jetzt bekannt wurde, ist für den CSU- Mann nichts anderes als ein „großangelegtes, durchsichtiges Wahlkampfmanöver“ von Grünen und SPD.

In seinem Brief hatte sich der CSUler unterwürfigst für den unbotsamen Empfang des chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng in Deutschland entschuldigt. Verärgert zeigte er sich vor allem über die „Rädelsführer“ der Demonstrationen gegen Li Peng. Ramsauers Schreiben gipfelt in dem Satz: „Wer stets von Steuermitteln, in welcher Form auch immer, gelebt hat, dem fehlt jedes Gespür für den Umgang mit einem Freund und Handelspartner.“

Daß dieses Schreiben nun auf massive Kritik gestoßen ist, findet der CSU-Hinterbänkler völlig unverständlich. Schließlich habe er doch „nie einen Zweifel daran gelassen, daß ich Menschenrechtsverletzungen mißbillige“. Immer schon habe er zur Klärung von Gefangenenschicksalen beigetragen. Ein Glücksfall ist es für ihn, daß China nach den „Ereignissen auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989“ nicht total isoliert wurde. Sonst „hätte sich an der dortigen Menschenrechtssituation nichts verändert.“ China habe seitdem Stück für Stück mehr Menschenrechte verwirklicht.

Dirk Pleter von amnesty international in Berlin kann dem nur widersprechen. Er und seine Kollegen fühlen sich durch die Äußerungen Ramsauers „diffamiert und beleidigt“. Der Brief sei ein Schlag ins Gesicht jedes Menschenrechtlers. In China seien Folterungen politischer Gefangener nach wie vor an der Tagesordnung.

Menschenrechtler Ramsauer ist derweil in Bayern auf Wahlkampftour. In Traunstein und anderswo wird er wohl berichten, daß weltweit die Menschenrechtsverstöße erheblich zurückgegangen sind – dank seiner freundlichen Briefe, Dialoge und Aktivitäten. Klaus Wittmann