Aufstiegschancen ungenügend

■ Der deutsche Bericht für die Weltfrauenkonferenz zeigt: Die berufliche Situation der Frauen hat sich kaum verbessert

Berlin (taz) – Als strahlendes Beispiel wird Deutschland nächstes Jahr auf der Weltfrauenkonferenz in Peking wohl kaum dastehen. Dafür ist die Situation der Frauen in diesem Land allzu bescheiden. Das jedenfalls läßt sich dem nationalen Bericht der Bundesregierung entnehmen, der heute dem Kabinett in Bonn vorgelegt wird.

Vor allem beruflich hat sich die Entwicklung zu immer höheren Bildungsabschlüssen für Frauen bisher kaum niedergeschlagen. Besonders verheerend: die Situation an den Universitäten. Obwohl der Frauenanteil bei den Promotionen in Westdeutschland von 19,6 Prozent 1980 auf 29,3 Prozent 1991 angestiegen ist, hatte das keine nennenswerten Auswirkungen auf die Besetzung von Professuren. Waren 1980 5,3 Prozent aller Hochschullehrenden Frauen, sind es heute 5,7 Prozent.

Auch in den höheren Laufbahngruppen bei Bundesbehörden und Bundesgerichten ist die Wahrscheinlichkeit, Frauen zu begegnen, vergleichsweise gering. Immerhin zeichnet sich dort ein bescheidener Anstieg ab. Statt 8,8 Prozent 1988 entdeckten die Statistiker 1991 einen Frauenanteil von 11,4 Prozent in diesen Institutionen. Hier könnte möglicherweise das Gleichberechtigungsgesetz, das Anfang September in Kraft getreten ist, zu weiteren Verbesserungen führen.

Ein derartiges Instrumentarium liegt für die Wirtschaft jedoch nicht vor, obwohl auch dort die Karrieresituation der Frauen dringend verbessert werden müßte. Während 23 Prozent aller dort tätigen Männer Führungspositionen erreicht haben, sind nur 11 Prozent der Frauen bisher in diese Sphären vorgerückt. Dafür sind sie in untergeordneten Positionen besonders zahlreich vertreten. 38 Prozent der beschäftigten Frauen arbeiten auf der untersten Hirarchiestufe als Hilfsarbeiterin oder angelernte Bürokraft. Hier liegt immer noch das Hauptbetätigungsfeld für berufstätige Frauen, die 1992 immerhin 41 Prozent aller ArbeitnehmerInnen stellten. Wo selbst diese untergeordneten Arbeiten mangels Alternativen begehrt sind, fallen die Frauen ganz aus dem Arbeitsprozeß raus. In Ostdeutschland zum Beispiel: Dort ist die Arbeitslosenquote bei den Frauen doppelt so hoch wie bei den Männern.

An mangelnder Bildung kann das nicht liegen. An den Gymnasien waren 1992 54 Prozent der PennälerInnen Mädchen. An den Universitäten stieg der Frauenanteil 1993 auf 43 Prozent an.

Trotz dieser Mißstände sprach Frauenministerin Angela Merkel gestern von deutlichen Fortschritten bei der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern. Sonja Schock