■ Der Magdeburger Polizeichor verbindet die Menschen:
: Freudig, mitreißend und optimistisch

Magdeburg (taz) – Wenn es um die Polizei geht, wird's Sachsen- Anhalts Innenminister Manfred Püchel (SPD) so richtig warm ums Herz. Klar, daß er „mit Freude“, so teilt das Innenministerium mit, die Schirmherrschaft über den Polizeichor Magdeburg übernimmt. „Ein Chor, der gerade auch in schweren Zeiten für die Menschen nicht nur der Stadt Magdeburg, sondern auch weit darüber hinaus musizierte, ihnen Freude brachte, ein kleines Stück Bürgernähe auf unkomplizierte Art praktizierte“, so zitiert die Pressemitteilung den Innenminister weiter, „ein solcher Chor ist auch heute ein wichtiger Bestandteil unseres Weges zu den Bürgern“ (siehe Fotobox!).

Und dann tönt's aus dem Innenministerium so richtig schön ostalgisch: „Kompliziert und schwer war die Nachkriegszeit, doch trotz aller Widrigkeiten vereinigten sich im Jahr 1952 singende Polizisten der verschiedenen Dienststellen zum Polizeichor Magdeburg.“ Zunächst war es Anliegen, die Feierlichkeiten der eigenen Behörde zu gestalten, aber über die Musik fand man auch den Weg zum Bürger. Künstlerisch sicher weniger versiert als heute, gibt die Pressemitteilung zu, „aber freudig, mit mitreißendem Optimismus, im Innersten der Pflege und der Erhaltung des deutschen Kulturgutes verschrieben, sprang der Funke der Begeisterung der Sänger auf die Zuhörer über“. Schon nach einigen Jahren trat der Polizeichor Magdeburg mit einer Musik- und Tanzgruppe auf – zwischenzeitlich schloß sich auch ein Kabarett an –, so daß Ensemblecharakter entstand.

Dann aber kamen schwere Zeiten. Tanzgruppe und Kabarett lösten sich auf. „Aber aus der inzwischen gegründeten Bereitschaftspolizei wurden junge Sänger gewonnen“, berichtet die Pressemitteilung und verweist stolz darauf, daß auch Nichtangehörige der Polizei im Vopo-Chor mitsingen durften. Damit durften die Zivilisten nicht nur zusammen mit deutsch-demokratischen Vopos, sondern auch mit sowjetischen Soldaten singen. Und da jubiliert auch heute noch das Innenministerium: „Musik verbindet die Menschen – Musik ist grenzenlos.“ Und allen Sprachbarrieren zum Trotz entwickelte sich ein gemeinsames Chorpogramm, dessen Liedgut beider Völker in der jeweiligen Muttersprache gesungen wurde. Was geklungen hat wie am Ende des Turmbaus zu Babel.

Während 1968 die Studenten Westeuropas für Veränderungen auf die Straße gingen, änderte sich in Magdeburg der „musikalisch- künstlerische Charakter des Polizeichores“. Chor, Tanzgruppe und Orchester der sowjetischen Streitkräfte in Magdeburg wurden eingegliedert – das Drushba-Ensemble war somit gegründet. Trotz zunehmender Probenbelastung „ging die Freude am Gesang nicht verloren, sie wurde bereichert durch viele neue Kontakte, durch wachsendes Verständnis füreinander, durch menschliche Wärme“.

Seit 1991 ist der Chor wieder eigenständig. Die Russen hatten mit ihrem Abzug zu tun und keinen Bock mehr aufs Singen. Aber schnell wußten sich die Magdeburger Polizisten auf die neue Situation einzusingen, was für den Chor bedeutete, „daß er sich im gleichen Jahr als Verein gründete und Mitglied des Sängerbundes der Deutschen Polizei e.V. wurde“.

Ja aber gab es da nicht irgendwann mal Polizisten, die mit Schlagstöcken gegen Leute vorgingen, die auf der Straße friedlich Lieder sangen und mit „Wir sind das Volk“ auf eigene Ansprüche verwiesen? Aber das muß wohl woanders gewesen sein. Denn in Magdeburg müssen damals sogar Sitzblockaden erlaubt gewesen sein. Denn „Wo man singt, da laß dich ruhig nieder...“. Eberhard Löblich