FDP abgeblitzt und doch zufrieden

■ Die Koalitionsverhandlungen gehen in bester Stimmung weiter / Schärfere Gesetze zur Verbrechensbekämpfung vertagt, liberale Forderungen wegverhandelt

Bonn (taz) – Klaus Kinkel braucht dringend Erfolge. Doch Helmut Kohl und seine Unterhändler ließen den wiedergenesenen FDP-Chef bei der jüngsten Koalitionsrunde einmal mehr abblitzen. Eine doppelte Staatsbürgerschaft, wie sie seit langem auf dem Wunschzettel der Liberalen steht, werde es nicht geben, beschied die Verhandlungsdelegation der Union. Statt dessen einigte man sich nach fünfstündigen Beratungen wie schon bei anderen Politikfeldern lediglich auf unkonkrete Abmachungen: So soll in der kommenden Legislaturperiode die „Integration ausländischer Mitbürger gefördert“, deren Ansprüche auf Einbürgerung durch eine Senkung der bisher erforderlichen Aufenthaltsfrist von 15 Jahren verbessert und das Amt der Ausländerbeauftragten gestärkt werden. Von einer Gleichstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften oder der kontrollierten Abgabe von Drogen war keine Rede mehr.

Daß es den FDP-Emissären selbst beim Ausländerrecht gar nicht so sehr ums Prinzip ging, machte der CDU-Generalsekretär in der anschließenden Pressekonferenz klar: CDU/CSU und FDP seien sich schon zu Beginn der Verhandlungsrunde darin „einig“ gewesen, daß keine „generelle doppelte Staatsbürgerschaft“ eingeführt werden solle. Die Freidemokraten selbst waren ohnehin vollauf mit der Abwehr der Forderungen aus dem Unionslager nach schärferen Gesetzen zur Verbrechensbekämpfung beschäftigt. So wurde im wesentlichen nur die Überprüfung bestehender Gesetze im nächsten Jahr vereinbart. Lediglich das Strafverfahrensgesetz soll mit dem Ziel, bei kleineren Delikten die Täter schneller bestrafen zu können, nivelliert werden. Zudem will man dem BKA künftig mehr Befugnisse einräumen. Zwar wies FDP-Generalsekretär Werner Hoyer darauf hin, daß nun die vorhandenen Gesetze erst einmal konsequent angewandt und „Erfahrungen mit den Instrumentarien“ gesammelt werden sollen, bevor neue Gesetze beschlossen werden. Doch für Erwin Huber bleiben das elektronische Abhören von Wohnungen im Großen Lauschangriff wie auch weitere Gesetzesvorhaben gegen die wachsende Kriminalität auf der Tagesordnung: „Die Dikussion“, so der CSU-Generalsekretär trocken, „findet halt in den nächsten Jahren statt“. Auch Peter Hintze glaubte, damit sei „nichts verbaut“. Da die FDP jedoch die Verbrechensbekämpfung ebenfalls als gewichtige Aufgabe ansieht und ihre Führungsspitze zu gerne den lästigen Parteitagsbeschluß vom Halse hätte, bestehen weiter gute Chancen für Innenminister Manfred Kanthers Law-and-order-Pläne.

Die Liberalen scheinen trotzdem ganz zufrieden zu sein. In vielen Punkten der bisher getroffenen Vereinbarungen, so FDP-Fraktionschef Hermann Otto Solms, würden sich die Positionen der Liberalen wiederfinden. Am Dienstag wird weiterverhandelt. Erwin Single