„Völlig megaout“

■ Ossi Urchs, Ex-Futurchef, zum Zukunftsminister

taz: Herr Urchs, Sie waren der erste Minister for tomorrow. Nun sind Sie ihren Job los: Bonn bekommt einen eigenen Zukunftsminister.

Ossi Urchs: Wer ist der Typ? Jürgen Rüttgers? Denn kennt doch kein Schwein! Marketingstrategisch eine Katastrophe!

Sie wurden nicht gefragt?

Ich bin als Philip-Morris-Minister erfolgreich zurückgetreten. Und nun macht die Politik alles nach. Typisch.

Hat die Idee noch Zukunft?

Niemals! Der Zukunftsminister ist vollkommen megaout! Das kann man doch nicht noch einmal machen, ist doch peinlich.

Vielleicht hat ja wieder ein Sponsor die Finger im Spiel...

Das fände ich cool! Wenn sich ein Zukunftsministerium sponsern lassen würde, würd' ich sagen: Hut ab, habt ihr was gelernt, Jungs.

Wie bitte???

Die Industrie profitiert schließlich davon. Die greifen Entwicklungsaufträge ab, dann sollen sie auch zahlen. Das wär' doch klasse.

Noch 'n Tip für den Nachfolger?

Als erstes muß er sich eine Kristallkugel kaufen und in die Zukunft schauen. Aber wie ich die kenne, bauen die bloß eine große Behörde auf, damit möglichst viele Beamte dabei rauskommen. Das ist doch eine reine AB-Maßnahme für die Opfer der Verwaltungsverschlankung. Ministerien sind auslaufende Modelle.

Sie waren doch selbst Minister.

Meine Ziele waren kommunikativer Art. Leute zusammenbringen, die sich für zukünftige Lebensformen interessieren. Und das mit Hilfe des ehrlich verdienten Geldes der Industrie, nicht per modernes Raubrittersteuertum. Doch mal ehrlich: Wer in die Zukunft will, muß die Medien ansehen: Es vollzieht sich momentan ein gesellschaftlicher und industrieller Umbruch, wie wir ihn seit der Erfindung des Buchdruckes nicht erlebt haben. Die Schlüsselindustrien wechseln, weg von der Automobil- und Metallindustrie hin zur Kommunikationsindustrie.

Das klingt riesenhubrig. Warum bewerben Sie sich nicht?

Um Gottes willen, ich stehe nicht zur Verfügung! Mir haben eineinhalb Jahre Ministerium gereicht. Fragen: Michaela Schießl