■ Den bosnischen Serben wird ein neues Angebot gemacht
: Faule Tricks

Seit geraumer Zeit sind die ratlosen Herren der Weltdiplomatie, die angeblich den serbischen Krieg verhindern wollen, dazu übergegangen, in ihrer Rhetorik Anleihe bei der serbischen Semantik der Trugschlüsse zu machen. Sie sprechen von einem Bürgerkrieg und erklären damit die angegriffenen, sich wehrenden Opfer zur mitverantwortlichen Kriegspartei. Den beiden aalglatten Herren Kosyrew und Tschurkin leuchtet sofort alles ein, was Karadžić oder Milošević aus der Zauberkiste ihrer Redekunst zu bieten haben. Man müßte meinen, daß sie in die gleiche Schule gegangen sind. Eigentlich handelt es sich um Naturtalente für Lügen und Verdrehen, die wie eine Parfümwolke den brachialen Willen zur Macht umgeben.

Das größere Problem ist, daß solche Behauptungen wie etwa die, daß die bosnische Armee in Bihać angegriffen habe, unwidersprochen bleiben. So haben auch die Nazis die Juden im Warschauer Ghetto zu Angreifern erklärt. Der Gipfel dieser faulen Sprachkunst ist, daß das Kapitulieren vor serbischer Gewalt nun als Einräumen eines legitimen Rechtsanspruchs verkauft wird.

Der einzige Lichtblick in der bosnischen Katastrophe war die kroatisch-muslimische Einigung, aus den Resten der bosnischen Republik eine Föderation zu bilden. Dieses Abkommen sieht vor, daß die bosnisch-kroatische Föderation in der Zukunft mit der Republik Kroatien einmal in ein Staatenbündnis eintreten kann. Das hat pragmatische Gründe, denn die amputierte bosnische Republik hat alleine kaum Überlebenschancen. Außerdem ist die Möglichkeit der Konföderation in der Lesart der herzegowinischen Kroaten so etwas wie die Erfüllung ihres Traums, dem kroatischen Staat zuzugehören. Aber diese Zukunftspläne stehen bislang nur auf dem Papier. Meinungsumfragen in Kroatien zeigen, daß eine überwältigende Mehrheit der Bürger gegen eine Konföderation ist.

Nun wollen die diversen Freunde der Serben den bosnischen Serben das Recht einräumen, die eroberten Territorien mit dem eigentlichen Serbien zu vereinigen und diese Schande der Weltpolitik unter dem Titel des gleichen Rechts, das „den Kroaten“ zugestanden wurde, laufen lassen. Die Reste zweier angegriffener und amputierter Republiken aus nackten Überlebensgründen in ein Bündnis schließen zu dürfen soll einer Vereinigung der durch Gewalt und Genozid erbeuteten und entvölkerten Territorien mit Serbien gleichgestellt werden! Und auch diese rhetorischen faulen Tricks werden die Politiker hierzulande unwidersprochen lassen. Wissen sie überhaupt noch, was ihr Job ist? Dunja Melćić

Publizistin, lebt in Frankfurt/Main