Auch an der Liquidation verdient Nawrocki

■ Olympia GmbH entlastet: keine Unregelmäßigkeiten / Opposition will Untersuchungsausschuß einsetzen

Mit einer Einladung zur Currywurst, so dozierte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), bekomme man keinen Zuschlag für Olympische Spiele. Dafür brauche es den „Freiraum, auf die Usancen im internationalen Sport“ einzugehen. Den Freiraum nutzte der Geschäftsführer der Olympia GmbH, Axel Nawrocki – und wurde gestern einstimmig entlastet. Man habe bei der Prüfung der Unterlagen „keinerlei Unkorrektheiten“ festgestellt, versicherte der Aufsichtsratsvorsitzende Diepgen.

Die kritisierte Entlastung der privatwirtschaftlich strukturierten Olympia GmbH sei juristisch notwendig, damit nun die Prüfer der Senatskanzlei und des Rechnungshofes die Verwendung der öffentlichen Gelder für das Jahr 1993 überprüfen könnten. Von der Entlastung seien Schadensersatzforderungen an Nawrocki ausgenommen, betonte Diepgen, der den Kauf von Eintrittskarten für die Olympiade in Barcelona auf dem Schwarzmarkt, die 800.000 Mark teure Anmietung von nur teilweise genutzten Hotelzimmern verteidigte.

Nawrocki rechtfertigte seinerseits eine Betriebs-Weihnachtsfeier für knapp 2.600 Mark und betonte, er habe den Aufenthalt seiner Familie während der Olympiade in Barcelona selbst bezahlt. Auch die exorbitante Überschreitung der Posten im Wirtschaftsplan 1992 sei gerechtfertigt, sagte Diepgen, der nur indirekt die nicht eingeholte Genehmigung für diese Überschreitungen rügte. So hatte die Werbeagentur statt angesetzter 200.000 Mark fast 800.000 Mark erhalten, und die Bewerbungsschrift war mit einer runden Million Mark mehr als dreimal so teuer geraten. Diepgen versicherte, es sei dem Land Berlin kein Schaden entstanden.

Unproblematisch sei auch, daß die Sponsoren statt versprochener 28 Millionen Mark nur 3 Millionen Mark in den Topf der Olympia GmbH gezahlt hätten. Daraus sei keine Deckungslücke entstanden, für die Berlin noch aufkommen müsse. Die endgültige Liquidation der Olympia GmbH wird 1995 aber noch einmal 185.000 Mark kosten – davon 74.000 Mark Honorare. Wieviel Nawrocki davon erhält, ließ Diepgen offen: darüber werde noch verhandelt. Insgesamt hat die gescheiterte Olympiabewerbung nach Angaben des Senats 86 Millionen Mark, nach Angaben der Opposition nahezu 200 Millionen Mark gekostet. Wie gestern außerdem bekannt wurde, war der Wirtschaftsprüfer, der im März die Aktenvernichtung der Olympia GmbH für rechtmäßig erklärt hatte, befangen.

Die dubiosen Praktiken der Olympia GmbH schweißen unterdessen die Opposition zusammen. Ein gelb-grün-rotes Zweckbündnis aus FDP, Bündnis 90/Die Grünen, PDS und der Gruppe Neues Forum kündigte gestern die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses an. Der sportpolitische Sprecher der FDP, Axel Hahn, nannte die Entlastung der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates ein „starkes Stück“. Das politische Zweckbündnis verfügt über 61 Mandatsträger, einer mehr als für die Einrichtung notwendig. Dem Untersuchungsausschuß – es wäre der fünfte in dieser Legislaturperiode – werden voraussichtlich zwölf ordentliche Mitglieder angehören, von denen CDU und SPD neun stellen. Gerd Nowakowski/

Severin Weiland