„Ich bin innerlich ungebrochen“

■ Irmgard Möller will für weitere Haftentlassungen kämpfen

Berlin (taz) – Auch wenn es noch Jahre dauern werde, bis sie sich wieder in Freiheit fühle, sei sie „innerlich ungebrochen“, erklärte die ehemalige RAF-Aktivistin Irmgard Möller. Ihre Freilassung vor drei Wochen sei deswegen auch eine „Niederlage des Staates“, sagte die 47jährige, die wegen der Beteiligung an einem Bombenanschlag auf das US-Hauptquartier in Heidelberg im Jahre 1972 über 22 Jahre im Gefängnis gesessen hatte, in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau. In Freiheit wolle sie sich künftig für RAF-Mitglieder, die noch im Gefängnis sitzen, einsetzen. „Ich will etwas dafür tun, daß es gesellschaftlich nicht weiter akzeptiert wird, daß die anderen auch nur annähernd so lange sitzen“, sagte Möller. Erst weitere Entlassungen wären Ausdruck eines „anderen gesellschaftlichen Klimas“.

Einer der Gründe, sie so lange in Haft zu halten, sei ihre Weigerung gewesen, ihre Version der Nacht von Stammheim zu revidieren, erklärte Möller. In der Aufarbeitungsdiskussion der 80er sei ihr Schweigen im Kalkül des Staates wichtig gewesen. „Ich wurde von jeder Möglichkeit zu recherchieren, etwas fundiert zu sagen, ausgeschlossen“, so die RAF-Aktivistin, die nach wie vor von einem Mord an ihren Genossen spricht. „Es ist auch wichtig zu sehen, daß der Staat es so durchgesetzt hat, daß es kaum jemand wagt, in Frage zu stellen.“

Den Anschlag auf das US- Hauptquartier halte sie immer noch für legitim, erklärte Möller der FR. Auf die Frage, ob die RAF tot sei, antwortete sie: „Die RAF, die ich meine, gibt es nicht mehr.“ Ihre Haftbedingungen der vergangenen 22 Jahre schilderte Möller als „qualvoll“. Auch die Zusammenlegung in Kleingruppen sei ein Kalkül des Staates gewesen, Menschen so einzuschließen, daß sie begännen, übereinander herzufallen. Für ihre nahe Zukunft in Hamburg sprach Möller von einem „Prozeß der Wiedereroberung von alten Selbstverständlichkeiten“. Jeannette Goddar