Runder Tisch für Überlebenswillige

■ BUND: Jede zweite Tier- und Pflanzenart in Deutschland ist bedroht

Berlin (taz) – „Am Ende des Jahrtausends stellt sich für uns Menschen die Überlebensfrage“, so läutet der Vorsitzende vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Hubert Weinzierl, das zweite Europäische Naturschutzjahr ein.

Etwa 1,3 Millionen Hektar Land wurden in den letzten 24 Jahren in Deutschland überbaut, das entspricht der hundertfachen Fläche des Nationalparkes im Bayerischen Wald. Das Autobahn-, Bundes- und Landstraßennetz ist um 20.000 Kilometer auf 230.000 Kilometer angewachsen. „Rechnet man die Ortsverbindungen und Wirtschaftsstraßen hinzu, so kann man in Deutschland auf über einer Million Kilometer Straßen bis in den letzten Winkel fahren“, schreibt der BUND in seiner Bilanz. Die Autodichte hat sich seit 1970 von 15 Millionen PKW auf mittlerweile 40 Millionen erhöht; hinzu kommt eine ebenfalls ständig gewachsene Lkw-Flotte. Der steigende Schadstoffausstoß hat den Anteil der kranken Bäume von etwa 20 Prozent 1970 auf heute 70 Prozent ansteigen lassen. Auch in punkto Pestizide hat sich die Situation dramatisch verschlechtert. Wurden 1970 noch 19.000 Tonnen auf die Felder gekippt, sind es jetzt 30.000 Tonnen im Jahr.

„Obwohl sich die Fläche der Naturschutzgebiete in Deutschland von 0,8 Prozent auf knapp zwei Prozent erhöht hat, konnten diese winzigen Inseln in einem Meer von Lebensfeindlichkeit nicht verhindern, daß die Anzahl der bedrohten Tier- und Pflanzenarten von knapp 30 Prozent 1970 auf über 50 Prozent angestiegen ist“, so Weinzierl.

Als Sofortmaßnahmen für 1995 fordert er von der Bundesregierung den Erlaß eines Bodenschutzgesetzes, die Infragestellung des Bundesverkehrswegeplans und die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes. Außerdem will er die Überlebenswilligen in diesem Land zu einer „konzertierten Aktion Umwelt“ motivieren mit dem Ziel, die biologische Vielfalt im letzten Augenblick zu sichern und nachhaltiges Wirtschaften einzuleiten.