Eine Reform, die keine ist

■ Bezirke wehren sich gegen die teure Heimreform

„Der Senat behandelt bedürftige Kinder und Jugendliche als reine Manövriermasse für Sparmaßnahmen“, wettert Manfred Rabatsch, Leitender Sozialarbeiter im Jugendamt Prenzlauer Berg. Er steht nicht allein. Die Pläne der Senatsverwaltung für Soziales, kostenintensive Heimplätze durch die Privatisierung der 55 öffentlichen Kinder- und Jugendheime unter das Jugendaufbauwerk (JAW) abzubauen, stößt bei den Bezirken auf heftige Kritik. 16 der 23 Bezirksbürgermeister werden in ihrer heutigen Ratssitzung voraussichtlich gegen die vom Senat beschlossene Reform stimmen.

Dabei sind sich der Senat und die Bezirke in einem wesentlichen Punkt einig: 7.000 Jugendliche, die in Heimen leben, sind zuviel — pädagogisch sinnvollere Angebote wie betreute Wohngruppen und ambulante Erziehungshilfe müssen ausgebaut werden. Derzeit verschlingen die Heimplätze mit jährlich knapp 520 Millionen Mark 83 Prozent des gesamten Jugendhilfeetats.

Mit der geplanten Zentralisierung werde es aber, so Rabatsch, weder gelingen, Heimplätze abzubauen, noch wesentlich Kosten einzusparen. „Der Ausbau von Alternativangeboten zu den Heimen ist völlig unzureichend geplant. Werden die Heime jetzt freien Trägern übergeben, wird das den Senat nur noch teurer kommen.“ Denn ein Platz in einem der öffentlichen Heime sei pro Tag um 50 Mark billiger als in den Häusern der freien Träger.

Bereits bei ihrer letzten Sitzung Mitte Dezember hatte sich die Mehrheit im Rat der Bürgermeister gegen die Senatspläne ausgesprochen. Der SPD-Landesvorsitzende und Reinickendorfer Bezirksbürgermeister Detlef Dzembritzki hält die Übertragung auf einen Landesträger schon deshalb für problematisch, weil dafür zunächst ein kostenintensiver Verwaltungsapparat geschaffen werden müsse.

Auch Bezirksbürgermeisterin Brunhild Dathe (parteilos) ist skeptisch, ob die Reform den gewünschten Erfolg bringen wird. „Die Entscheidung, ob jemand im Heim unterbracht wird oder nicht, wird ja weiterhin in den Jugendämtern der Bezirke gefällt. Hier muß man also auf einer inhaltlichen Ebene mit den Bezirken zusammenarbeiten.“

Eine Zentralisierung mache es im Gegenteil noch viel schwieriger, Alternativangebote zu schaffen, die mit dem jeweiligen Bedarf im Bezirk übereinstimmen. Das Vorhaben laufe auch dem Ziel der Verwaltungsreform entgegen, bei der die Bezirkskompetenzen ausgeweitet werden sollten. Tanja Hamilton