■ Wie eine Hollywood-Schauspielerin Pleite macht
: Der Basinger-Bankrott

Ihre Filmgagen liegen in Millionenhöhe, sie wohnt mal in ihrer Villa in Los Angeles, mal in ihrem Apartment in Manhattan oder aber in ihrem Landhaus auf Long Island, wenn sie nicht gerade zum Shopping nach Europa jettet. Sie kauft jeden Monat für ungefähr 6.000 Dollar Kleider, gibt 4.000 Dollar für Fitneß und Entertainment aus und weitere 7.000 für ihren Haushalt. Insgesamt braucht sie rund 43.000 Dollar monatlich zum Leben – nicht schlecht für jemanden, der kurz vor der Pleite steht.

Die Rede ist von Hollywoodstar Kim Basinger, 41, der einstigen Miss Georgia, dem James-Bond- Girl aus „Sag niemals nie“, Mickey Rourkes „9 1/2 Wochen“-Affäre, „Batmans“ Freundin und derzeit in der Rolle der strohdummen Modereporterin in Robert Altmans Film „Ready to Wear“ zu bewundern. Die Schauspielerin ist bankrott – das jedenfalls erklärten ihre Anwälte vor anderthalb Jahren einem Gericht in Los Angeles. Grund für das erschreckende Geständnis war eine gerichtlich verfügte Schadensersatzforderung von 8,1 Millionen Dollar, die Frau Basinger der Filmfirma Main Line zahlen sollte, weil sie ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt hatte.

Die blonde Mimin hatte zunächst eingewilligt, in der Main- Line-Produktion „Boxing Helena“ die Titelrolle der eiskalten Femme fatale zu spielen, der von einem verliebten Chirurgen aus lauter Leidenschaft Beine und Arme amputiert werden. Später dann verging ihr die Lust auf diese eigenwillige Rolle – vielleicht, weil sie damals noch einen Werbevertrag mit einem Strumpfhosenhersteller hatte, der seine Produkte lieber mit langen Beinen als mit kurzen Stümpfen assoziiert sah. Aber: mitgefangen, mitgehangen – meinten zumindest die Main-Line-Anwälte und forderten von der Schauspielerin Schadensersatz in Millionenhöhe, weil durch ihren Rückzieher der Erfolg ihres Projekts gefährdet schien.

Der Film, der im Sommer 1993 startete, wurde tatsächlich ein Flop, der innerhalb kürzester Zeit wieder aus den US-Kinos verschwand. Die „Boxing Helena“- Kassetten verstauben inzwischen in den Regalen der Videoshops. Auf Nachfrage raten die Angestellten dort vom Ausleihen eher ab. Das liegt jedoch weniger an dem fehlenden blonden Star – Basingers Rolle wurde schließlich von „Twin Peaks“-Verführerin Sherilyn Fenn übernommen, Julian Sands spielte den verrückten Chirurgen –, sondern an dem abgrundtief schlechten Drehbuch und der ebenso dilettantischen Regie (Buch und Regie: Jennifer Chambers Lynch). Die Times schrieb damals: „Unglaublich seichte Dialoge, selbst die Komik scheint unfreiwillig.“

Aus künstlerischer Sicht war Frau Basingers Ablehnung daher sicher richtig. Doch sie kam zu spät. Mit welchen Versprechungen die Produzenten die begehrte Schauspielerin für das Projekt geködert hatten und warum sie vor der Entscheidung nicht einfach einen Blick ins hanebüchene Skript warf, darüber schweigt die Künstlerin. Richter interessieren sich jedoch ohnehin weniger für ästhetische Kriterien, sondern mehr für handfeste Tatsachen. So war es denn auch kein Wunder, daß das Gericht die Schauspielerin im Mai 1993 des Vertragsbruchs für schuldig befand.

Acht Millionen Dollar Schadensersatz sind allerdings keine Kleinigkeit – auch nicht für einen wohlhabenden Kinostar mit einer Mindestgage von drei bis fünf Millionen Dollar pro Film und einem Ehemann (Schauspieler Alec Baldwin) in der gleichen Gehaltsklasse. Zwar zeigten sich die Schuldner, Main Line Production, bei der Beilegung des Konflikts bereits verhandlungsbereit, doch Basingers Anwälte hatten eine bessere Idee: Sie erklärten ihre Klientin in Anbetracht der drohenden Schuldenlast kurzerhand für bankrott und legten gleichzeitig Widerspruch gegen das Urteil ein.

Vor ein paar Jahren sagte Kim Basinger in einem Interview auf die Frage, ob sie Freunde in Hollywood habe, einmal: „Das Filmbusineß ist wie die Mafia – die besten Freunde erstechen dich hinterrücks.“ Eine Einsicht, die sie heute wahrscheinlich nur bestätigen kann. Doch als Opfer hinterhältiger Hollywood-Intrigen lebt es sich in ihrem Fall ganz angenehm. Im letzten September wurde das Urteil tatsächlich wegen eines Formfehlers aufgehoben und muß nun neu verhandelt werden. Ein Termin steht noch nicht fest. Bis dahin braucht sich Kim Basinger weder von ihren Villen noch von ihren Brillantringen zu trennen. Und selbst für den Fall, daß sie den Prozeß erneut verlieren sollte und es zur Liquidation ihres Vermögens käme, haben ihre Anwälte schon dafür gesorgt, daß ihr das Notwendigste zum Leben bleibt. Laut US- Gesetz darf sie Wertsachen im Gegenwert von rund einer halben Million Dollar behalten. Zukünftige Gagen oder das Vermögen ihres Mannes sind von dem Bankrott-Deal nicht betroffen.

Die wahren Verlierer bei dem Millionen-Poker sind nicht im glamourösen Hollywood zu Hause. Während Kim Basinger ihrer Zukunft relativ gelassen entgegensieht, wartet ihr Gärtner Mark Booth verzweifelt auf sein Geld. Für die Pflege des Basinger-Anwesens auf den Woodland Hills in Los Angeles stehen dem Landschaftspfleger noch 8.100 Dollar zu. Ähnlich geht es auch anderen kleinen Gläubigern des Hollywoodstars, Haushandwerkern oder Reiseplanern, die seit der offiziellen Bankrotterklärung auf dem trockenen sitzen. Für Basingers Anwälte gehört das zur Taktik, mit der sie beweisen wollen, daß ihrer prominenten Klientin nach Abzug aller monatlichen Ausgaben (siehe oben) kein Pfennig für die Begleichung fälliger Rechnungen bleibt.

Am härtesten könnte Basingers Pleitenummer allerdings die Bewohner von Braselton, Georgia, treffen. Vor fünf Jahren waren noch alle 450 BewohnerInnen des Südstaaten-Nestes begeisterte Fans des Filmstars. Damals nämlich hatte die extravagante Schauspielerin für 20 Millionen (größtenteils geliehener) Dollar das ganze Dorf gekauft – aus Heimatliebe, wie sie den in Scharen herbeigeeilten Reportern versicherte. Vor laufenden Kameras versprach sie den EinwohnerInnen damals, mit dem Bau eines Filmstudios oder eines historischen Themenparks für wirtschaftlichen Aufschwung zu sorgen.

Ein Hoffnungsschimmer für die rezessionsgebeutelte Baumwollregion. Doch seit die Fernsehteams abgezogen sind, hat sich in Braselton wenig verändert. Mit Basingers Bankrotterklärung droht jetzt ein böses Erwachen. Die Schauspielerin hat ihre Anteile an dem Dorf unlängst für 1,5 Millionen wieder versteigern lassen. Und Ameritech Corporations, der Mehrheitsgesellschafter in dem Braselton- Deal, sucht wegen der fallenden Bodenpreise auch schon nach neuen Interessenten für das Dorf. Für die Bewohner von Braselton bedeutet das Ausverkauf statt Aufschwung. Einige von ihnen haben das signierte Porträtfoto des Hollywoodstars, das jahrelang ihr Wohnzimmer zierte, deshalb schon wieder enttäuscht von der Wand genommen.

Derweil gibt sich Frau Basinger in der Öffentlichkeit ganz unschuldig. Neulich zu Gast bei David Letterman, kicherte sie wie ein Schulmädchen über ihre Rolle in „Ready to Wear“, trug dabei ausgeblichene Jeans und ein schlichtes weißes T-Shirt. Fast ein wenig ärmlich sah der Glamour-Star im Fernsehen aus, war aber trotz Pleite gut gelaunt. Kein Wunder: „Boxing Helena“, Bankrotterklärungen oder Braselton waren kein Thema. Ute Thon, New York