Geheimsache Uwe Barschel

■ Runder Tisch zum Tod von Barschel brachte neue Erkenntnisse, aber die bleiben unterm Tisch

Lübeck (taz) – Unverhofft hat es doch neue Erkenntnisse beim sogenannten Runden Tisch zum Tod von Uwe Barschel mit Vertretern des deutschen Nachrichtendienstes und der Staatsanwaltschaft in Lübeck gegeben. Chefaufklärer Oberstaatsanwalt Heinrich Wille erklärte gestern: „Summa summarum ist es mehr gewesen, als wir erwartet haben.“ Zu den Inhalten jedoch wolle er keine näheren Angaben machen. Es habe Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen gegeben.

Herausgestellt habe sich während der in der juristischen Geschichte der BRD wohl einmaligen Dienstbesprechung mit Vertretern des Bundesnachrichtendienstes, des Verfassungsschutzes, der Gauck-Behörde und des Bundeskriminalamtes, daß die deutschen Nachrichtendienste keine zielgerichteten Ermittlungen im Todesfall Barschel geführt haben, erklärte Wille. Es gebe jedoch Unterlagen der Staatssicherheit, die erkennen ließen, daß der einstige schleswig-holsteinische Ministerpräsident als „Zielperson“ für das MfS interessant war. Im Rahmen der Aufarbeitung der ehemaligen Nachrichtendienste der DDR seien bei den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder auch „Informationen“ zu Barschel angefallen. Diese vereinzelten, vagen und widersprüchlichen Hinweise auf einen möglichen MfS- Hintergrund des Todes von Barschel seien der Lübecker Behörde bereits übermittelt worden. Es gebe keinen Anlaß, dabei auf Fälschungen zu schließen.

Nachdem die Staatsanwälte seit Wochen die Informationspolitik der Bundesbehörden scharf kritisiert haben, hatte Wille gestern Lob parat: Die Mitarbeiter, die an dem Treffen teilgenommen haben, seien „kompetent“. Er „habe den Eindruck, daß wir eine wesentlich bessere Grundlage für die Ermittlungsarbeiten haben“. Vor vier Wochen hatte er Ermittlungen wegen Mordverdachts eingeleitet. Nach Auswertung aller zur Verfügung stehenden Unterlagen gebe es „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden am Tode von Barschel“, hieß es. Der ehemalige Ministerpräsident von Schleswig-Holstein war 1987 tot in der Badewanne eines Genfer Hotels gefunden worden. Während seine Familie von Mord sprach, ergaben Ermittlungen der Genfer Behörden Selbstmord. Wille mochte gestern nicht sagen, ob die neuen Hinweise eher für Mord sprechen. Kersten Kampe