Schützenhilfe für Felipe González

Mit dem Argument, daß nicht sein kann, was dumm gewesen wäre, entlastet der französische Ex-Botschafter den spanischen Regierungschef im Anti-ETA-Skandal  ■ Aus Madrid Rainer Wandler

Schon mochte kaum noch jemand den Beteuerungen des spanischen Ministerpräsidenten Felipe González Glauben schenken, der im Fernsehen erklärt hatte, er habe von der Terrorgruppe GAL nichts gewußt, auf deren Konto 29 Tote im französischen Teil des Baskenlandes gehen (s. taz v. 13.1.). Zwei ehemalige Angehörige der GAL hatten die Regierung beschuldigt, der eigentliche Financier und Organisator der Gruppe zu sein, deren Attentate mutmaßliche Mitglieder der baskischen ETA zum Ziel nahmen. Jetzt erhält González Schützenhilfe von unerwarteter Seite: Pierre Guidoni, von 1983 bis 1985 französischer Botschafter in Madrid, bot sich in einem zweiseitigen Artikel in der Tageszeitung El Pais an, vor Ermittlungsrichter Garzón zugunsten des spanischen Regierungschefs auszusagen.

Daß die Regierung González etwas mit der Attentatswelle zwischen 1983 und 1987 zu tun haben könne, ist für Pierre Guidoni „psychologisch gesehen unwahrscheinlich und politisch absurd“. Die Attentate nämlich begannen in der Zeit, als über den EG-Beitritt Spaniens und die daraus folgende polizeiliche Zusammenarbeit in der Terrorismusbekämpfung verhandelt wurde. Gerade das wird freilich von denen, die die Verantwortung für die GAL in Regierungskreisen suchen, als Beweis angeführt. Die Attentate, so ihre Argumentation, hätten Frankreich, das bis dahin den Basken politisches Asyl gewährte, zum Umdenken bewegt. Der Botschafter sieht das ganz anders: „Die GAL vor 1983, als die beiden nicht miteinander sprachen und sich nicht zusammensetzten? Das hätte man verstehen können. Ab 1983 aber war das nichts weiter als töricht und höchst gefährlich.“ In den Jahren 1983 und 1984 war für Spanien nichts wichtiger als gute Beziehungen zu Frankreich, führt er weiter aus. Deshalb könne die Regierung unter Felipe González auf gar keinen Fall von der Gründung der GAL gewußt haben.

Wer also steckte hinter der GAL? Laut Pierre Guidoni „eine Gruppe von Dummköpfen aus der Terrorismusbekämpfung in Bilbao, die überzeugt davon waren, daß Frankreich niemals mit Spanien zusammenarbeiten würde, und die nichts von dem wußten, was die zwei Regierungen im geheimen aushandelten.“ Der engste Regierungskreis um Felipe González, davon ist Guidoni fest überzeugt, wußte davon nichts.

González kann zufrieden sein, zudem alles darauf hindeutet, daß Richter Garzón bei den augenblicklichen Ermittlungen besonders den damaligen Innenminister José Barrionuevo und den Staatsschutzchef Rafael Vera im Visier hat. Laut Aussage der beiden Ex- Polizisten Amedo und Dominguez war Barrionuevo über sämtliche Schritte unterrichtet. Rafael Veras Privatsekretär, Juan de Justo, richtete in Genf ein Konto ein, um die GAL-Söldner zu bezahlen. Seit zwei Wochen sitzt er deswegen in Untersuchungshaft.

Währenddessen ist die ETA wieder aktiver geworden. Nur gut eine Woche nach dem Attentat auf einen Polizisten in der Paßstelle in Bilbao fiel am Montag der baskische Sprecher der konservativen Volkspartei, Gregorio Ordóñez, den Kugeln der ETA zum Opfer. Die konservative Partido Popular ist seit den letzten Europawahlen stärkste politische Formation der baskischen Metropole.