Aufschub für Abschiebung

■ Kurde hat Gnadenfrist in Bayern / Grüne besuchen Abgeordnete im Knast in Ankara

Berlin/Istanbul (AFP/rtr/taz) – In letzter Minute wurde gestern in Bayern die Abschiebung des Kurden Fariz Simsek in die Türkei vorläufig verhindert. Menschenrechtsorganisationen hatten gegen die Abschiebung protestiert. Dem Kurden drohten in der Türkei Folter oder „Verschwinden“, befürchtete amnesty international.

In Türkisch-Kurdistan wurde am späten Montagabend erneut ein kurdischer Politiker von „Unbekannten“ ermordet. Vasif Cetin von der „Demokratischen Volkspartei“ (Hadep) wurde im Zentrum der Stadt Batman auf offener Straße erschossen. Zehn Tage zuvor war der Provinzsekretär der Hadep einem Anschlag zum Opfer gefallen. Auch die Repression gegen die Publizistik in der Türkei geht weiter. Wie Medico International gestern mitteilte, wurde am Montag Ayse Zarakolu, Inhaberin des angesehenen linken Belge-Verlages, zu zweieinhalb Jahren Gefängnisstrafe verurteilt. Der Anlaß: Sie verlegte ein Buch des Historikers Yves Ternon über den Konflikt zwischen der Türkei und Armeniern und eines vom ehemaligen Vorsitzenden der mittlerweile verbotenen Demokratie-Partei (DEP), Yasar Kaya. Der Publizist Ragip Zarakolu, Ehemann der Verlegerin, hat für das Urteil nur ein Kopfschütteln übrig: „Der Staat verurteilt Ayse Zarakolu wegen angeblichen Ansporns von Haßgefühlen gegen die türkische Nation. Wenn mit dieser Logik in Deutschland vorgegangen würde, müßte die Veröffentlichung von Büchern über den Völkermord an den Juden verurteilt werden, damit keine Haßgefühle zwischen Juden und Deutschen entstehen.“

Unterdessen konnte in Ankara die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Claudia Roth, im Gefängnis die sechs kurdischen Abgeordneten besuchen, die im Dezember zu Haftstrafen verurteilt wurden. Seiten 2 und 10