■ Zur Bundestagsdebatte um die ARD
: Erst zurückbellen, dann reformieren!

Stoiber, Biedenkopf und Kohls Wutausbruch gegen WDR und ARD haben das Gegenteil von dem bewirkt, was sie vorhatten: nämlich gerade keine forcierte Debatte über eine Strukturreform der öffentlich-rechtlichen Sender. Der Holzhammer der ARD- Abschaffung hat erst mal einen Solidarisierungsschub ausgelöst, bis hin zu FDP und FAZ. Kein Wunder auch, wenn die SPD eines der seltenen Themen auskostet, bei dem noch mehr als zwei Drittel der Bevölkerung hinter ihr stehen. Gewiß ist es nötig, laut gegen diejenigen zurückzubellen, die öffentlich-rechtliches Fernsehen, so sie es nicht unter ihre politische Kontrolle bekommen, abschaffen wollen. Da dies gestern im Bundestag zur Genüge geschah, soll auf das hingewiesen werden, was gemeinhin untergepflügt wurde.

Wer geht die Strukturreform der ARD über einzelne Sparmaßnahmen und Kooperationen der Sender hinaus an? Sicherlich brauchen wir dort keinen Apparat einer vollständigen ARD-Anstalt, wo das Geld nicht einmal für ein eigenes Drittes TV-Programm reicht (Saarland) und wo Rundfunk für eine einzige Stadt (Bremen) gemacht wird. Da reichen auch Funkhäuser, so wie in den Landeshauptstädten Hannover und Kiel. Die Intendanten, in Verteidigung ihres Personals, sagen: Zusammenlegen können uns nur die Länderparlamente. Die Politiker, ob SPD oder CDU (von den Grünen hört man da bislang nichts), wollen dagegen aus den Sendern selbst Reformvorschläge sehen. Niemand wagt sich zuerst aus der Deckung. Aus der gekommen sind die Intendanten dagegen mit der Ankündigung, daß sie für 1997 mehr Geld beantragen werden. Tatsächlich sind die Rundfunkgebühren dann seit 1992 stabil gewesen, trotz Inflation und rapide gesunkener Werbeeinnahmen. 10 Prozent mehr, die dann wieder fünf Jahre halten müßten, scheinen nicht unangemessen. Rund 26 Mark würden wir dann pro Monat zahlen. Zum Vergleich: ein einziger Pay-Kanal („premiere“) kostet schon 44 Mark.

Das zu akzeptieren, sollte uns leichter fallen als die von ARD und ZDF geplante Zumutung, künftig auch im Abendprogramm Werbespots zu ertragen. Wer die Kenntlichkeit der Öffentlich-Rechtlichen stärken und den Anpassungsdruck mindern will, sollte noch ein paar Mark draufgeben und für gänzlich werbe- und sponsorenfreie Programme eintreten. Ohne Wettlauf nach dem für die Werbewirtschaft attraktivsten Publikum könnten die Öffentlich-Rechtlichen sich wieder auf diejenigen Bedürfnisse der Zuschauer konzentrieren, die von den Privaten nicht erfüllt werden. Davon gibt es ja immer noch genug. Michael Rediske