Kein Staats-Geld wegen Demonstrations-Aufruf?

■ Beirat Findorff befragte Frauenprojekt „fif“ nach Demo-Flugblatt zum 3.Oktober

Der Streit um die Feiern und Proteste zum Tag der Deutschen Einheit in Bremen wirft lange Schatten: Erstmals bangt jetzt ein Projekt, die „Findorffer Frauen-Initiative“ (fif), um öffentliche Mittel, weil es zur Demonstration gegen die offiziellen Feierlichkeiten aufgerufen hat. Was die senatorische Behörde stets abgelehnt hat – die Disziplinierung der aufmüpfigen Projekte durch die Nicht-Vergabe öffentlicher Mittel – scheint durch den Beirat in Findorff bevorzustehen.

Denn für das Jahr 1995 hatte die fif wie bereits in den Vorjahren einen Antrag auf Globalmittel gestellt – 2.000 Mark. Mit dem Geld will die Initiative einen „betreuten Mittagstisch“ einrichten und damit ihr Angebot an Sozialarbeit im Stadtteil erweitern. „Gute Arbeit für den Stadtteil, auf die Findorff nicht verzichten kann“ heißt es zur fif-Arbeit selbst von der CDU. Alles wäre in Butter, wäre da nicht die Unterschrift des fif unter dem Aufruf „Da gibt es keinen Grund zu feiern!“. In dem stand unter anderem, daß „die Feiernden sich in der Stadthalle verschanzen“ sollten und daß ihnen „ihre Reden im Hals steckenbleiben“ sollten. (die taz berichtete mehrfach).

Diese Aussagen wertete die Findorffer Beiratsfraktion der CDU ebenso wie die Gesamtpartei als „eindeutigen Aufruf zur Gewalt“ und beschloß, so Clara Schreyer von der CDU-Beiratsfraktion, solche Projekte nicht mehr zu fördern. Am 25.Januar waren dann drei Vertreterinnen der fif vor den Sozialausschuß des Beirats geladen. Man wolle über die Haltung zu diesem Aufruf reden, hieß es von der CDU, doch die Frauen hätten unverständlicherweise den Saal unter Protest verlassen. Die fif-Frauen hatten von der Sitzung einen ganz anderen Eindruck: Sie sollten abschwören, meinen sie. „Wie haben deutlich gemacht, daß wir uns von Gewalt distanzieren, nicht aber vom Aufruf zu der Demonstration an diesem Tag“, sagt Susanne Wilson von der fif. „Im Sozialausschuß war die Absicht deutlich, uns die Globalmittel nur zu genehmigen, wenn wir eine Haltung einnehmen, die den Vorstellungen einiger Mitglieder des Sozialausschusses entspricht.“ Sie seien befragt worden, ob sie die von ihnen betreuten Kinder denn politisch indoktrinierten und auf Demos mitnehmen würden. „Das war schlimm“, meint auch Ursula Becker, für die SPD im Sozialausschuß. Und Angelika Kaukas von den Grünen „schämt sich dafür, wie die fif-Frauen da öffentlich vorgeführt wurden.“

Auf Nachfrage wollte CDU-Beiratssprecher August Kötter allerdings eine Festlegung gegen die fif nicht bestätigen: Die Entscheidung über die Vergabe der Globalmittel falle erst in drei Monaten, dann müsse abgewogen werden, welches Projekt wieviel Geld bekomme. Wenn der Antrag der fif mit anderen konkurriere, werde diese Kritik an dem Projekt „keinen Vorrang“ haben, aber „vielleicht im Hintergrund“ mitschwingen. Vielleicht würden ja die Mittel des Beirats für die Sanierung der Schule in der Nürnberger Straße aufgefressen. „Die Globalmittel waren noch nicht Thema zur Entscheidung im Beirat“, meint auch Clara Schreyer.

Unsicher ist, ob ein solcher Vorstoß der CDU im Beirat eine Mehrheit finden würde. SPD-VertreterInnen hätten in der Befragung der Frauen mit der CDU an einem Strang gezogen, berichtet die Grüne Kaukas. Eine sonst übliche Entscheidung über die Vergabe der Globalmittel per Telefonrundruf werde es aber in diesem Fall nicht geben. „Wir werden darauf achten, daß das öffentlich entschieden wird“, meint Kaukas. „Öffentlich kann die SPD das nicht machen, das ist schlecht fürs Image. Jedenfalls wird den Frauen von fif das Geld nicht durch die kalte Küche gestrichen.“ bpo