Schemata durcheinandergebracht

■ betr.: „Kino-Spot eingezogen“ (Zensur), taz vom 11./12. 2. 95

Ihr berichtet von der Beschlagnahme eines Films der Berliner Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär. Als Grund führt die Staatsanwaltschaft an, Heckelmann und Kanther fühlten sich durch den Film verunglimpft. Als juristische Begründung mag das hinreichen, der Film macht jedoch offensichtlich Schlimmeres: Er stellt Grundsätze konservativer Politik in Frage.

In den Medien werden hauptsächlich zwei Seiten des Balkankrieges dargestellt: auf der einen Seite die Bösen (Serben), auf der anderen Seite die Opfer (Bosnier). In diesem Schema fehlt eine Gruppe von Personen, die eine perfekte Möglichkeit haben, in dieser Tragödie helfend einzugreifen: nämlich Serben, die sich weigern können, Täter, Kriegsverbrecher, Mörder, Soldaten zu werden. Sie bringen uns allerdings die einfachen Schemata durcheinander: Krieg zwischen Gut (leidenden Bosniern) und Böse (Serben); Asylanten sind asozial und keine Helden; Soldaten, nicht Deserteure, sind Helden.

Herr Heckelmann und Herr Kanther fühlen sich getroffen, weil sie getroffen sind, unsere Politik, einerseits militärische Aktionen zu erwägen, andererseits den wirklichen Helfenden die selbstverständlichste Unterstützung zu versagen ist unmöglich.

Übrigens ist es schön, daß außer Dauerwerbung für Zigaretten und Alkohol auch mal eine Bereicherung der politischen Diskussion aus den Kinos kommt. Ulrich Völckers, Berlin