Keine vogezogene Wahl in Bremerhaven

■ Bürgerschaft verschiebt Wahlgesetz-Änderung auf nächste Legislaturperiode

Für Bremerhavens Stadtverordnetenversammlung wird es keine vorgezogenen Neuwahlen geben. Alle Bürgerschaftsfraktionen sind sich einig, daß die rechtlichen Voraussetzungen für die Möglichkeit einer vorzeitigen Auflösung des Bremerhavener Kommunalparlamentes nicht mehr vor den Bremer Neuwahlen im Mai geschaffen werden sollen. Damit steht Fischtown jetzt vor einem sechsmonatigen Dauerwahlkampf und muß durch die getrennten Wahltermine mit zusätzlichen Kosten von mindestens 200.000 Mark rechnen.

Am Donnerstag abend hatte der Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuß der Bürgerschaft über das neue Bremer Wahlgesetz beraten. Im Entwurf von Landeswahlleiter Dieter Matthey war auch eine Option für das Bremerhavener Kommunalparlament zur Selbstauflösung enthalten, wenn die Termine der Landtags- und Kommunalwahl ansonsten voneinander abweichen. Doch aus allen Fraktionen kamen rechtliche Bedenken, ob der Entwurf nicht mit anderen Verfassungsbestimmungen kollidieren und damit womöglich zu einer Wahlanfechtung führen könnte.

Den Ausschlag für das Abblasen vorgezogener Kommunalwahlen in Bremerhaven brachte dann allerdings das Statement von SPD-Fraktionschef Claus Dittbrenner. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit für vorgezogene Neuwahlen sei in der bestehenden Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung sowieso nicht zu rechnen, meinte er und überzeugte damit den Ausschuß, daß über die Bremerhavener Sonderregelung in aller Ruhe nachgedacht werden könne. Eine Option zur Selbstauflösung der Stadtverordnetenversammlung soll nun erst in der nächsten Legislaturperiode geschaffen werden, damit ab 1999 in Bremerhaven wieder gleichzeitig für Kommune und Land gewählt werden kann.

Unterdessen ist in Bremerhaven ein erbitterter Streit zwischen Magistrat und Vorstand der Stadtverordnetenversammlung um die Frage der Ausschreibung des hauptamtlichen Stadtrat-Postens für Soziales entstanden. Während die Stellen von Oberbürgermeister und Bürgermeister heute überregional ausgeschrieben werden, hatte sich der Magistrat geweigert, gleichzeitig auch nach einem Nachfolger für Sozial-Stadtrat Lemke zu suchen. Stattdessen verlängerte der Magistrat am Mittwoch dessen Amtszeit über seinen 65. Geburtstag hinaus bis zum 30.6.1997.

„Mit allen Mitteln“ wolle er diesen Beschluß verhindern, kündigte der Bremerhavener SPD-Fraktionschef Richard Skribelka gestern an. Durch die Stornierung der Stellenausschreibung am vergangenen Samstag sei bereits „finanzieller Schaden“ entstanden. „Sollen noch weitere Kosten für Anwälte und Gericht die Stadtkasse schädigen?“, fragt Skribelka und verkündet seinen Wunsch, „daß die Magistratsmitglieder in Regreß genommen werden“.

Mit der Weigerung des Magistrats, die Lemke-Nachfolge auszuschreiben, soll sich am kommenden Dienstag auch eine Sondersitzung der Stadtverordnetenversammlung befassen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren findet deshalb außerplanmäßig eine Magistratssitzung bereits am Montag abend statt.

Ob die Stadtverordnetenversammlung am Dienstag aber überhaupt rechtskräftige Beschlüsse fassen kann, ist umstritten. Grüne, FDP und Bürgermeister Heinz Brandt verweisen darauf, daß nicht fristgerecht zu der Versammlung eingeladen worden sei. „Frühestens am 24.2.“ sei eine Sondersitzung möglich, hat der grüne Fraktionsvorsitzende Peter Pletz ausgerechnet. Stadtverordneten-Vorsteher Alfons Tallert beharrt dagegen auf seiner Rechtsauffassung, daß in diesem speziellen Fall umgekehrt ein längeres Abwarten unrechtmäßig wäre: „Einen Widerspruch des Magistrats gegen ihre Beschlüsse muß die Stadtverordnetenversammlung innerhalb einer Woche beraten.“ Ase