„Offenbacher brauchen kein Theater“

■ Während Berlin vorsichtige erste Schritte zur Verwaltungsreform macht, sind die Städte Tilburg, Offenbach und Heidelberg schon lange auf neuen Wegen

Berlin hat bei den Verwaltungsreformen die Nase keineswegs vorn. Duisburg, Saarbrücken, Passau und eine Reihe anderer Städte hat die Haushaltskrise bereits früher zum Umdenken gezwungen. Bekanntestes Beispiel ist Offenbach.

Der jungenhaft wirkende Oberbürgermeister Gerhard Grandke saniert dort die beinahe bankrotte Stadtverwaltung mit rüden Methoden. Zunächst sparte er durch Privatisierungen; er reduzierte so die Zahl der städtischen Gehaltsempfänger von 2.500 auf rund 1.200. Das Offenbacher Theater machte Grandke gleich ganz zu: „Offenbacher brauchen kein Theater, sie lieben ihre Gesangs- und Sportvereine“, so der Star der deutschen Verwaltungsreformer. Danach begann Grandke die eigentliche Reform der Stadtverwaltung.

Er führte das sogenannte „Neue Steuerungsmodell“ ein. Das bedeutet nichts anderes als den Umbau einer Verwaltung in ein Dienstleistungsunternehmen. Aus den bisherigen Ämtern sollen dabei eigenverantwortlich wirtschaftende Dienste werden. Aus Amtsleitern werden Manager. Diese Mutation will Grandke durch eine sogenannte Personalentwicklung vorantreiben: den Mitarbeitern soll mittels Fortbildungen ein „radikal neues Qualifikationsprofil“ vermittelt werden.

„Konzern-Stadt“ Tilburg als Vorbild

Offenbach steht an der Spitze einer wirtschaftlich ausgerichteten Kommunalreform, die ihr Vorbild in Holland hat. Die holländische Stadt Tilburg wird wie ein Konzern geleitet. Das heißt, die ehemaligen Fachämter müssen wie „Betriebe“ rentabel oder gar profitorientiert arbeiten.

Die 160.000-Einwohner-Stadt begann bereits vor zehn Jahren mit ihrer Reform. Inzwischen erwirtschaftet die „Konzern-Stadt“ alljährlich ein Plus. Das Modell läßt sich allerdings nicht einfach auf deutsche Verhältnisse übertragen – zu unterschiedlich sind Haushalts- und Dienstrecht.

Es gibt auch eine stärker politisch ausgerichtete Reformlinie. Sie sieht den Bürger nicht als „Kunden“, sondern versucht ihn stärker am Verwaltungsgeschehen zu beteiligen. Beispiele dafür sind Hagen und Heidelberg. Die Städte richten dezentrale Verwaltungseinheiten ein, sogenannte Bürgerämter.

Deren Charakter besteht aus langen Öffnungszeiten, freundlicher Beratung ohne Schalter – und Allzuständigkeit. Die BürgerInnen sollen im Bürgeramt alles bekommen, was mit Verwaltung zu tun hat, und zwar schnell. Das heißt, jeder städtische Angestellte muß im Prinzip jede Verwaltungsmaterie beherrschen.

Das Modell hat Erfolg. In einem Rechenbeispiel haben die Heidelberger Reformer gezeigt, daß ihre Bürgeramter viel fixer verwalten. Eine vierköpfige Familie mit Hund benötigt im Bürgeramt für die mit einem Umzug verbundenen Modalitäten nur zwei Stunden. Früher war dafür ein mehrtägiger Behördenmarathon durch neun Dienststellen vonnöten. cif