So etwas regelt man von Dienst zu Dienst

■ USA und Frankreich peinlich berührt von den jüngsten Spionagevorwürfen

Paris/Washington (dpa) – Der französische Außenminister Alain Juppé hat betont, daß durch Spionagevorwürfe gegen fünf US-Bürger die Beziehungen zu Washington nicht belastet werden sollen. Es gebe „keine Krise“ zwischen beiden Ländern, unterstrich er gestern in Paris. Das US-Außenministerium hatte zuvor die Vorwürfe als „unberechtigt“ zurückgewiesen. Das von Frankreich gewählte Vorgehen wurde als „unvereinbar mit der bisherigen Art von Verbündeten, empfindliche Angelegenheiten zu lösen“, kritisiert.

Juppé nannte es einen „Skandal“, daß die Spionageaffäre publik wurde. „Eine solche Affäre wird normalerweise von Dienst zu Dienst geregelt“, betonte er. Der Fall müsse auch in den richtigen Dimensionen betrachtet werden: „Das ist nicht das erste Mal, daß sich ein solches Problem stellt.“ Er sei sicher, betonte Juppe, daß in weiteren Gesprächen eine Lösung gefunden werde.

Das französische Innenministerium, dem auch die Spionageabwehr DST untersteht, habe bereits eine Untersuchung aufgenommen, wie die Zeitung Le Monde von dem Spionagefall erfahren habe, sagte Budgetminister Nicolas Sarkoz. Offiziell war in Paris am Vorabend bestätigt worden, daß einige Amerikaner, darunter Diplomaten, zur Abreise aufgefordert wurden.

Der Chef der Spionageabwehr DST, Philippe Parant, habe noch vor drei Monaten mit dem CIA- Direktor James Woolsey eine Absprache getroffen, um diese Affäre beizulegen, schrieb die linksliberale französische Liberation. Dabei sei es auch um US-amerikanische „Störmanöver“ gegen 1992 vereinbarte französische Raketenlieferungen an Taiwan gegangen.

In einer nur zwölf Zeilen langen schriftlichen Erklärung versicherte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Christine Shelly, am Mittwoch abend: „Es gibt keinen Grund, irgendwelche Amerikaner auszuweisen, noch fordert dies die französische Regierung.“

Die US-Presse sah den Fall im Zusammenhang mit der Rivalität beider Länder in der Telekommunikation und der High-Tech-Industrie. Die New York Times zitierte einen Regierungsbeamten, der einen Zusammenhang mit einer Abhöraffäre in Frankreich herstellte: „Wir spekulieren nicht, aber das Problem könnte mit Pasquas politischem Schicksal zu tun haben.“ Innenminister Charles Pasqua, einer der engsten politischen Berater des Regierungschefs und Präsidentschaftswahlkämpfers Balladur, war in den letzten Tagen im Zusammenhang mit der illegalen Überwachung von Telefonen unter politischen Druck geraten.

Laut Washington Post sehen US-Regierungsbeamte die französische Aktion vor dem Hintergrund häufiger Beschwerden Washingtons über französische Industriespionage.