Die etwas andere Art, Frauen zu diffamieren

■ Alltag in der Provinz: CSU sperrt den Geldhahn für das Frauenkulturhaus zu

München (taz) – Wenn er schon das Wort hört, stöhnt er auf. „Frauenkultur“ ist für Stadtrat Franz Forchheimer ein Reizwort erster Güte. Seit Wochen schon macht der CSU-Mann gegen das einzige Frauenkulturhaus (FKH) Münchens mobil. Im Mai 1987 wurde es eröffnet und zuletzt mit 230.000 Mark jährlich von der Stadt subventioniert. Für Forchheimer schlicht eine „Verschleuderung von Steuergeldern“. Für ihn hat die Einrichtung mit Kultur wenig zu tun. „Wenn Frauen gerne bauchtanzen“, sagt er, „dann sollen sie zu Hause bleiben.“ Der Stadtrat scheint das Monatsprogramm nicht gelesen zu haben.

Ob Tanztee oder Vorträge zum Thema „Täterinnen und Mitläuferinnen der NS-Zeit“, ob „Vernissage der 3. FrauenART“ oder Reiseberichte: das aktuelle Märzprogramm des FKH zeigt, daß eine Menge geboten wird. Zuviel jedenfalls für eine breite Koalition aus CSU („Wir lassen uns auch keinen Schuhplattler-Stammtisch sponsern“), Süddeutscher Zeitung („Die etwas andere Art, Geld zu scheffeln“) und Bild („230 000 Mark, damit Frauen lauter sprechen“). Einer der angeblichen Skandale: Nach Berechnungen des CSU-Stadtrats Thannheiser kommen allein die beiden 30-Stunden- Kräfte des FKH auf einen Stundenlohn von 128 Mark – eine abenteuerliche Zahl, die Thannheiser mittlerweile revidiert hat. Tatsächlich sind es monatlich 3.200 Mark brutto.

Die Sozialpädagogin und FKH- Mitarbeiterin Gabriele Leberer vermutet, daß hier mit plumper Stimmungsmache ein unliebsames Projekt beendet und der Wahlkampf eingeläutet werden soll. Auch Sigrid Pirkhardt von den Grünen ist empört: „Über die 30 Millionen für die Philharmonie redet keiner. Aber dem Frauenhaus wird eine läppische Summe streitig gemacht.“ Was sagt Gabriele Leberer zum Vorwurf, das Frauenhaus biete zuwenig „richtige Kultur“? „Der klassische Kulturbegriff hat sich ohnehin aufgelöst“, meint sie. „Wir wollen die künstliche Trennung von Alltags- und Hochkultur aufheben.“

Was immer das heißen mag – die Zukunft des ehrgeizigen Frauenprojekts steht in den Sternen. Im Januar hatte das Revisionsamt den Frauen vorgeworfen, vor allem „kulturfremde“ Veranstaltungen durchzuführen. Seither fliegen die Fetzen: „Verschwendung!“ poltert die CSU, „Frechheit!“ entgegnen die Grünen, „Mäßigung“, flüstert die SPD. Nur die FDP, dem Frauenprojekt wohlgesinnt, bleibt kühl: Nach der jüngsten Vollversammlung im Rathaus – bei der eine Kürzung des Etats um 80.000 Mark beschlossen wurde – stellten die Liberalen erst mal das Abstimmungsergebnis in Frage. „Das war das größte Chaos seit langem“, sagt Sybille Groß, FDP-Stadträtin. „Es ging zu wie bei einem Kuhhandel.“

Nicht um Kühe, sondern um Kultur ging es, und die Frage lautete: Wer bietet weniger? Für eine Beibehaltung des Zuschusses (230.000 Mark) konnten sich nur Grüne und FDP erwärmen – zu wenige. Einer geringfügigen Kürzung (200.000 Mark) stimmten SPD, FDP und ein CSU-Kern („aus erzieherischen Gründen“) zu. Leider zuwenig Stimmen. Beschlußunfähigkeit drohte, und so erhob Oberbürgermeister Ude (SPD) seine Stimme und schleuderte ein „150.000!“ in die Runde. Jetzt hoben Stadträte der SPD, der „Republikaner“, Junge Liste und Autofahrer- und Steuerzahlerpartei die Arme. „Das ist die Mehrheit“, sprach der Bürgermeister und vergaß in seiner Freude schlicht, die Gegenstimmen abzuzählen.

Weil diese jedoch laut FDP die tatsächliche Mehrheit bildeten, muß die Abstimmung möglicherweise wiederholt werden; ein entsprechender Antrag läuft bereits.

Sollte es aber bei der Kürzung auf 150.000 Mark bleiben, könnte das Frauenkulturhaus nicht mehr in der bisherigen Form arbeiten. „Engagierte Frauen werden dann wohl durch irgendeine Bürokraft ersetzt“, befürchtet FKH-Angestellte Gabriele Leberer. Noch ist es nicht zu spät. Vielleicht heißt es ja bei der nächsten Rathausrunde: Wer bietet mehr? Wolfgang Farkas