Darüber spricht Mann nicht

■ Deutsche Krebsgesellschaft gründet neue Gruppe „Männer und Krankheit“ in Bremen

„Männer sind austauschfeindlich“, sagt Dr. Hans Haack, Leiter der Psychosomatik im Zentralkrankenhaus Ost, und meint damit, daß „Männer nicht gern über ihr Befinden reden. Werden Männer krank, ziehen sie sich ins Private zurück, es folgen Depression, Lebensunlust, trotzige Verweigerung.“ Man müsse Männern die Chance geben, sich zu äußern, Fragen zu stellen. Und zwar unter sich, denn in Krisenfällen führen im allgemeinen Frauen die Regie: Nächsten Dienstag startet die Gruppe „Männer und Krankheit“, ein neues Gesprächsangebot der Deutschen Krebsgesellschaft in Bremen.

Daß dort jetzt die Männer entdeckt werden, siedelt Mitinitiator Dr. Haack auf der Bedarfsebene „Computerkurse für Frauen“ an. Zunächst einmal bräuchten Männer die Gelegenheit, darüber zu reden, worüber Mann nicht spricht: Krankheitsbedingte Befindlichkeit soll thematisiert werden. „Und damit wären wir schon bei unserem besonderen Augenmerk“, sagt der Psychoanalytiker. „Zwar ist im Tennisclub der Herzinfarkt inzwischen gesellschaftsfähig geworden, der Tumor aber ist es noch nicht.“ Hier jedoch zeigten die Männer die größten Informationslücken.

Das berichten behandelnde Ärzte, und das spiegeln auch kleine „Fallstudien“ zum Beratungstelefon der Deutschen Krebsgesellschaft. Man kam zu dem Schluß, daß Männer eine Beratung brauchen, die über die Familie hinausgeht, aber noch nicht unbedingt den Fachtherapeuten erfordert. „Männer sollen von anderen Männern erfahren dürfen, daß eine gutartige Vergrößerung der Prostata die Potenz nicht gefährdet“, bringt Heribert Kaulen, Urologie-Chef in der Roland-Klinik, die Sache auf den Punkt. Männer sollen auch zu mehr Körperbewußtsein animiert werden. Denn gerade bei Krebserkrankungen kommen sie zwei, drei Monate „zu spät“ zum Arzt, weiß Kaulen.

Nur zu etwa zehn Prozent nutzen Männer die Krebsvorsorgeangebote der Kassen (die ihnen allerdings erst „ab 40 Jahren“ offeriert werden, Frauen dagegen bereits „ab 25“). Gerade jüngere Frauen aber treiben die weibliche Krebsvorsorgerate auf über 40 Prozent hoch. Dabei stehen Krebserkrankungen in einem Geschlechterverhältnis von acht (Männer) zu zehn (Frauen). Etwa 5.000 Neuerkrankungen im Jahr werden in Bremen gezählt.

Dies ist jedoch eine hochgerechnete Zahl, die über die sogenannte Tumornachsorgeleitstelle der Krebsgesellschaft ermittelt wird. Man sammelt dort Daten von KrebspatientInnen auf freiwilliger Basis und stellt sie nachsorgenden ÄrtzInnen für die Nachbehandlung zur Verfügung. 60 bis 70 Prozent aller in Bremen diagnostizierten und therapierten Krebserkrankungen werden auf diesem Wege erfaßt und ausgewertet.

Vor vier Jahren hatten SPD, CDU und das Bremer Institut für Präventivforschung und Sozialmedizin statt der Nachsorgeleitstelle ein Krebsregister gefordert. Die Gesundheitsbehörde hatte „den teuren Datenfriedhof“ abgelehnt und sich darauf berufen, daß die freiwillig der Leitstelle gegebenen Daten viel umfassender und aussagekräftiger seien, als diejenigen einer Pflichterhebung.

In Fachkreisen findet man es heute zwar schade, daß nach wie vor keine genauen Krebszahlen genannt werden können. Andererseits sei die Nachsorgeleitstelle ein Indikatorenpool und wichtig als Erfolgskontrolle für die ÄrztInnen, wie etwa der Urologe Kaulen sagt. „Wir müssen da langfristig die Risikogruppen herausfinden: Wird Prostatakrebs vererbt? Welche sozialen Hintergründe führen zu Krebs?“ sip

Die Gruppe „Männer und Krankheit“ trifft sich ab 7.3., 19.30 Uhr einmal wöchentlich unter Leitung eines Pädagogen. Anmeldung ist nicht erforderlich, Rembertistr. 28. Beratung der Krebsgesellschaft Tel. 32 51 69