Walesa hat seine Minister durchgesetzt

■ Polens neuer Premier Oleksy stellt Regierungsprogramm vor / Einigung mit Präsident über Verteidigungs- und Außenminister / Walesa will weiter Neuwahlen

Warschau (taz) – Polens neuer Premierminister hat am Freitag bei der Vorstellung seines Regierungsprogramms vor dem Parlament die Weiterführung der Politik seines Vorgängers Waldemar Pawlak angekündigt. Das bisherige Regierungsprogramm habe bei den Wahlen vor anderthalb Jahren gesellschaftliche Unterstützung erfahren und seither nicht verloren, erklärte Oleksy, der sich allerdings auch in einigen Punkten mit der Kritik der Opposition an der Regierung Pawlak einverstanden erklärte: Sie habe nicht auf die Vorwürfe gegen einzelne Minister reagiert, schlecht über ihre Arbeit informiert und Entscheidungen verzögert. Danach verlas Oleksy aber zugleiche eine lange Liste der Erfolge seines Vorgängers. Präsident Walesa bot er „partnerschaftliche Zusammenarbeit“ an, der Opposition Offenheit.

An die erste Stelle seiner Regierungserklärung setzte Oleksy die Erhöhung der Produktivität der Landwirtschaft und die soziale Sicherheit der Landwirte. Er bekannte sich auch zu dem 1993 von Finanzminister Grzegorz Kolodko erarbeiteten Wirtschaftsprogramm „Strategie für Polen“. Kolodko bleibt in seinen bisherigen Funktionen als Finanzminister und Vizepremier in der Regierung.

Oleksy kündigte auch die Fortführung der bisherigen polnischen Außenpolitik an: „Diese proatlantische und proeuropäische Strategie ist kein politisches Eigentum einzelner Parteien.“ Eine besondere Rolle nähmen dabei die Beziehungen zu den USA und Rußland ein.

Polens Präsident Lech Walesa ist es bei der Regierungsbildung gelungen, seinen Willen voll gegen die Koalitionsparteien durchzusetzen. Wochenlang hatten sich besonders die Sozialdemokraten gegen Walesas Kandidaten für das Verteidigungsministerium, Wojciech Okonski, gesträubt. Zbiginiew Simiatkowski von den Sozialdemokraten erklärte das Einknicken damit, daß man „eine Kollision mit dem Präsidenten“ vermeiden wollte, um das Regierungsprogramm umsetzen zu können. Okonski war unter der Regierung Suchocka stellvertretender Außenhandelsminister, verantwortlich für die Aufsicht über Polens Waffenhandel. Auch der neue Außenminister, der bisherige Österreich-Botschafter Polens, Wladyslaw Bartoszewski, wurde von Walesa vorgeschlagen (siehe Portrait Seite 11). Obwohl er die bisherige, von den Koalitionsparteien kritisierte Linie der bisherigen Solidarność-Regierungen fortsetzen will, akzeptierte ihn Oleksy. Ein Sprecher der Sozialdemokraten erklärte, man habe einer schnellen Regierungsbildung den Vorrang vor Personalfragen gegeben. Die Alternative für die Regierungskoalition war, Walesas Weigerung zu riskieren, Oleksys Kabinett zu vereidigen. Damit hat Walesa in der neuen Regierung drei Minister seiner Wahl: den bisherigen Innenminister Andrzej Milczanowski, Verteidigungsminister Okonski und Außenminister Bartoszewski.

Walesa, der seit Monaten den Sturz der Linksregierung betrieben hatte, kündigte unterdessen in einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender CNN an, daß er weiter auf Neuwahlen drängen wolle. „Ich habe es schon versucht und werde es weiter versuchen“, sagte er.

In dem Fernsehinterview ließ der Präsident, dessen Amtszeit im Herbst ausläuft, auch erkennen, daß er sich im Fall vorgezogener Neuwahlen nicht unter allen Umständen um eine Wiederwahl als Präsident bemühen werde. Wenn Neuwahlen die Lage in Polen verbessern und Reformen schneller als bisher vorantreiben würden, bräuchte er nicht wieder kandidieren. Andernfalls wolle er aber weiter „an der Spitze stehen und den Kurs korrigieren“. Klaus Bachmann