Musenkuß vom Amt

■ Künstlerinnen in Bremen: wenig gezielteFörderung

Henriette K. wurstelt sich so durch. Vor vier Jahren hatte sie ihr freies Kunststudium beendet. Seitdem jobbt sie in Kneipen oder führt TouristInnen durch Kunstaustellungen, zuletzt durch die Toulouse Lautrec Show. Für ihren Beruf als Künstlerin hat Henriette nur zwischendurch etwas Luft. Dann arbeitet sie an ihren Objekten oder Installationen, stellt ab und zu in kleinen Galerien ihre Werke aus.

Henriette ist weder in Bremen noch bundesweit ein Einzelfall. Von den KunsthochschulabsolventInnen leben knapp 2 Prozent nur von ihrer Kunst. Und die große Mehrheit davon sind Männer. Während des Studiums teilen sich Männer und Frauen noch gleichberechtigt die Atelierplätze an den Akademien. Stipendien bekommen nur knapp 30 Prozent der Künstlerinnen und nach dem Diplom zeigt sich, daß der Kunstmarkt von Männern dominiert wird. Auf international renommierten Ausstellungen in Deutschland – wie der letzten Documenta – durften 27 Künstlerinnen ihre Arbeiten zeigen, machten damit gut 14 Prozent aus.

„Künstlerinnen haben ganz andere Biographien als Künstler“, meint Donate Fink, zuständig für die Künstlerinnenförderung im Kulturressort. Viele Frauen würden nach dem Studium erstmal Mutter und zwangsläufig Hausfrau, die Kunst bleibt auf der Strecke. Wenn sie dann endlich Zeit für künstlerisches Arbeiten haben, sind sie unbekannt und für Stipendien oder Förderpreise zu alt. „Wir müssen Künstlerinnen professionalisieren“, sagt daher Donate Fink, und hat im Ressort eine altersunabhängige Künstlerinnenförderung durchgesetzt. Seit vergangenem Jahr bekommt sie aus dem Bremer Lottotopf 20.000 Mark. Damit finanziert sie Einzelkataloge für 9 Frauen. Unabhängig voneinander arbeiten die Künstlerinnen an dem Projekt „Rich.Blond.White.Girl.“, das im Mai im Haus am Deich ausgestellt wird. Mit dem Katalog könnten die Frauen sich auch außerhalb Bremens präsentieren und hätten bessere Marktchancen .

Da die Barrieren des freien Kunstmarktes nur schwer zu knacken sind, fördern in anderen Städten private Mäzene die brotlosen KünstlerInnen. „In Bremen gibt es kaum Galerien, die das könnten“, sagt Barbara Claassen-Schmal, freie Ausstellungsmacherin in Bremen. Die Galerien seien zu klein, als daß sie unbekannte KünstlerInnen gezielt pushen könnten. Sie müssen sich bei dem kleinen solventen Publikum auf die schon bekannten Namen beschränken.

Seit den 80er Jahren versucht die soziale Künstlerförderung des Sozialressorts diese Lücke auszugleichen. Immerhin sind rund 45 Prozent der staatlich gepäppelten KünstlerInnen Frauen. Doch das Prinzip Gießkanne geht nicht auf die Lebensumstände der Künstlerinnen ein, ihre ausgewählten Werke wandern zudem in das Archiv der Städtischen Galerie: Bekannter und professioneller werden die Künstlerinnen dadurch nicht. Barbara Claassen-Schmal und der Künstlerinnenbund Gedok fordern daher gezielte Arbeits- und Reisestipendien für Künstlerinnen. Die Stadt habe nicht einmal ein Gastatelier, geschweige denn einen Austausch mit den Galerien anderer Städte. „Hier herrscht noch die Monokultur der Förderung“, sagt Claassen-Schmal. Ulrike Fokken

* Name geändert