Die IG Metall "hielt Wort"

■ Tarifvertrag mit zweijähriger Laufzeit vereinbart / Vier Prozent in diesem Jahr

Berlin (AP/dpa/taz) – Nach einem 19stündigen Verhandlungsmarathon haben IG Metall und ArbeitgeberInnen gestern in München einen Pilotabschluß für die westdeutsche Metallindustrie unter Dach und Fach gebracht: Sie einigten sich am Morgen auf einen bis Ende 1996, also für zwei Jahre, geltenden Tarifvertrag. Danach erhalten die rund 700.000 bayerischen MetallerInnen von Januar bis April 1995 jeweils einen Pauschalbetrag von 152,50 Mark, anschließend eine Lohnerhöhung für 6 Monate um 3,4 Prozent. Vom November 1995 bis Ende Dezember 1996 wird um weitere 3,6 Prozent aufgestockt. An der Einführung der 35-Stunden-Woche zum 1.10. 1995 wird nicht gerüttelt.

Die IG Metall empfahl den bayerischen Pilotabschluß zur Übernahme in den anderen Tarifgebieten. Der bayerische Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Werner Neugebauer, sagte nach der Nachtsitzung in einem Münchner Hotel, der Kompromiß erfülle die Erwartungshaltung der Mitglieder. Die IG Metall habe „Wort gehalten“. Der Arbeitskampf werde allerdings bis zur Urabstimmung – voraussichtlich am Donnerstag und Freitag – nicht gestoppt. Der Kompromiß wurde von den in München anwesenden Führungsgremien der bayerischen MetallarbeitgeberInnen und der Gewerkschaft bereits angenommen und hat durch die Anschlußverträge auch Wirkung auf die ostdeutsche Metallindustrie.

Der Verhandlungsführer der bayerischen Arbeitgeber, Rainer Hildmann, räumte ein, seine Seite habe sich in einigen Fragen nicht durchsetzen können. „Wir mußten Abstriche machen.“ Dennoch sei es ein akzeptables Ergebnis, weil es den Betrieben eine zweijährige Kalkulationsgrundlage biete, betonte Hildmann vor JournalistInnen. Ein vorrangiges Ziel sei außerdem gewesen, den Streik so schnell wie möglich zu beenden.

Der stellvertretende Vorsitzende der IG Metall, Walter Riester, bezifferte die dreistufige Lohnerhöhung einschließlich der Arbeitszeitverkürzung um eine Stunde auf ein Gesamtvolumen von 4,35 Prozent in diesem Jahr. In der Rechnung von Gesamtmetall sind die Kosten der 35-Stunden- Woche nicht berücksichtigt. Nach der Rechnung von Gesamtmetall erhalten die Beschäftigten, wenn man die durch den Abschluß gewonnenen Lohnsteigerungen durch 24 Monate teilt, 1995 und 1996 3,8 Prozent mehr Monatslohn als im jeweiligen Vorjahr.

Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Hans- Joachim Gottschol, sieht in der zweijährigen Laufzeit des neuen Tarifvertrages den wichtigsten Grund für eine Zustimmung der Unternehmen zu dem Kompromiß. „Die damit erreichte Kalkulationssicherheit für die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil, auch wenn die materielle Belastung hoch ist und den gegenwärtigen Risiken im Export nicht Rechnung trägt“, sagte Gottschol. BD