„Laßt die Knastprobleme raus!“

■ Frauen demonstrierten im Blockland / Erst kürzlich hat die Anstalt eine Besucherinnengruppe rausgeworfen, „weil wir nicht nur die Schlechten sind“

Der Internationale Frauentag ist traditionell auch ein Frauenknasttag – gestern war er es in Bremen zum ersten Mal. Die einzige Demo des Tages führte per Velo ins Blockland, wo die Frauen vor der JVA übers Megafon mit mehrsprachigen Reden und Musik den Inhaftierten ihre Solidarität kundtaten. „Wie's im Knast dort zugeht, kommt doch überhaupt nicht raus“

Margret Roß, Gundula Oerter und eine Handvoll anderer Frauen haben es erfahren: Anderthalb Jahre lang besuchten sie einmal im Monat die Frauen im Blockland zum Sonntagskaffee. Jetzt ist der Besuchsgruppe dieses Angebot gekündigt worden. „Wir wollen wieder rein“, sagen die Frauen. Sie haben zwar protestiert, würden aber am liebsten stillhalten und abwarten – aus lauter Angst, „daß es zum Eklat kommt, und die Frauen da drinnen dann gar kein Sprachrohr mehr haben.“

„Wir wollen keine Dichotomie mit dem Tenor: die von draußen sind die Guten, die drinnen die Schließer, Wächter und Schlechten“, sagt dazu Anstaltsleiter Manfred Wiegand. Er erwarte von allen Gruppen, die er ins Haus lasse und mit denen er grundsätzlich „sehr gerne und intensiv“ zusammenarbeite, „daß sie die Bedingungen, die sie hier vorfinden, akzeptieren.“

Das hat die Besuchsgruppe nicht getan. Sie hat mit ihrem „Kaffeeklatsch“ eine große Bedarfslücke geschlossen. Jeweils acht Frauen haben als einzige den inhaftierten Frauen Gelegenheit gegeben, mal entspannt zusammenzusitzen: „Die Frauen haben da einfach geredet und ihre Wünsche geäußert.“

Von den zur Zeit 17 inhaftierten Frauen sind rund dreißig Prozent Migrantinnen ganz unterschiedlicher Nationalitäten. „Die fragten uns, wie sie ihre Kinder wiederfinden.“ Eine abgelehnte Asylbewerberin wollte wissen, ob sie zusammen mit ihrem Mann abgeschoben werden kann. Eine Albanerin brauchte dringendst eine Dolmetscherin, „da wußten selbst die Beamten nicht, wie sie ihr ein Rechtsschreiben erklären sollten.“ Reihenweise Probleme aus dem Knastalltag kamen so auf den Tisch. Lösbare, wie die Besuchsgruppe findet, die vom Anstaltsleiter fordert, daß er diese Schwierigkeiten endlich öffentlich macht.

Manfred Wiegand bestätigt diese, beruft sich aber darauf, daß doch vieles über Externe entschärft werde. Er nennt den AK Drogen, die Opferhilfe, den Verein für Rechtsberatung oder Nitribitt. „Das bedeutet aber alles nur: allgemeine Problemfelder abdecken“, entgegnet Gundula Oerter. „Bei uns kamen noch ganz andere Dinge zur Sprache.“

Die inhaftierten Frauen haben ihnen von wöchentlichen Zellenrazzien erzählt (zwei in letzter Zeit wegen Verdacht auf Drogenbesitz, sagt Wiegand). Auf Äußerung der Beamten sei Substituierten die Polamidondosis runter- bzw. auf Null gesetzt worden – (dies sei eine medizinische Entscheidung, so Wiegand). Viele ausländische Frauen wissen nicht, warum sie sitzen und wie sie ihre Familien erreichen sollen – Wiegand verweist auf zwei Stellen und die guten Kontakte zu einem Dolmetscherbüro. Die Frauen vermissen Freizeitangebote, vor allem zum Auspowern, zum Aggressionsabbau – es gibt Yoga und Dienstagnachmittag die Bastelgruppe „Gipsmasken und Fimo“.

Daß Wiegand nicht das Strafrecht ändern kann, wissen auch die Frauen der Besuchsgruppe. Vieles von dem jedoch, was sie den inhaftierten Frauen ermöglichen möchten, liege im Ermessensspielraum des Anstaltsleiters. „Wir haben es doch auch geschafft, da etwas Kontinuierliches aufzubauen“, sagt Gundula Oerter. Manfred Wiegand aber bleibt dabei: „Gruppen müssen sich an unsere Spielregeln halten. Die Frauen haben sich an den Innensenator gewandt, also soll der jetzt entscheiden.“ sip