Keine Versöhnung bei eheähnlicher Bindung

■ CDU lehnt Gesetzentwurf der Justizministerin zu Vergewaltigung in der Ehe ab

Berlin (taz) – Die Bundesregierung wird keinen eigenen Gesetzentwurf zur Vergewaltigung in der Ehe vorlegen. Ein entsprechender Referentenentwurf, den Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) im Februar den beteiligten Bundesministerien zugesandt hatte, scheiterte an Unstimmigkeiten in der Bonner Koalitionsführung. Wie ein Sprecher des Justizministeriums gestern erklärte, werde der Gesetzentwurf nun über die FDP-Fraktion in den Bundestag eingebracht. Entsprechende Verhandlungen mit der Union beginnen vermutlich noch in diesem Monat.

Strittig innerhalb der Regierungskoalition ist vor allem die von Leutheusser-Schnarrenberger beabsichtigte „Versöhnungsklausel“. Diese sieht vor, daß „das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern oder von Strafe absehen kann, wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung ehelicher oder eheähnlicher Bindungen zwischen dem Opfer und dem Täter geboten ist.“ An dieser Formulierung nahmen nach Angaben der FAZ nicht nur Rechtspolitiker der Union, sondern auch die Führung des Bundeskanzleramts Anstoß. Denn damit würden eheähnliche Lebensgemeinschaften rechtlich der Ehe gleichgestellt.

Und das geht den Damen und Herren der Union zu weit. Es ergäben sich, so argumentiert der rechtspolitische Sprecher der Unionsfrakition, Horst Eylmann, für die Rechtsprechung schwerwiegende Fragen: Denn wo beginnt eine eheähnliche Gemeinschaft, wo endet sie, wie oft müßte ein Paar miteinander schlafen, bis es den eheähnlichen Zustand erreicht hätte? Selbst wenn es, wie der FDP-Rechtspolitiker Jörg van Essen betont, schon lange ein Anliegen der Liberalen sei, diese Gleichstellung „auch in der Gesetzgebung festzuschreiben“, müsse man bei den Verhandlungen mit der Union diesen Punkt genau abwägen.

Rechtspolitiker der Union lehnen es darüber hinaus ab, daß allein das Gericht über eine Strafmilderung entscheiden soll. Sie fordern ein Widerspruchsrecht der Frau, mit dem sie die Einstellung des Verfahrens erwirken kann. Wenn sich die Ehepartner tatsächlich ausgesöhnt hätten, so argumentiert Eylmann, sei es doch widersinnig, daß ein Richter den Prozeß bis zum bitteren Ende durchführen müsse, bis er zum Schluß sagen könne, er verzichte auf die Bestrafung des Täters. Die Justizministerin, aber auch die SPD, deren Gesetzentwurf eine ähnliche „Versöhnungsklausel“ vorsieht, gehen jedoch davon aus, daß eine vergewaltigte Ehefrau möglicherweise unter dem Druck des Partners eine Einstellung des Verfahrens verlangen könnte. Allerdings ist die Haltung der FDP-Fraktion in dieser Frage nicht einheitlich. Kommt es zu keiner Einigung mit der Union, so van Essen, halte sich die FDP „die Möglichkeit offen, einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen.“ Karin Flothmann