Solidarität mit Rauhfußhühnern

■ Bund Naturschutz verärgert über Genehmigung eines neuen Skiliftes am Fellhorn bei Oberstdorf / Lift paßt ins Sündenregister

Oberstdorf/Augsburg (taz) – Während andernorts Skilifte stillgelegt und Berghänge renaturiert werden, soll in Oberstdorf ein neuer Lift gebaut werden. Dabei hat sich der Geschäftsführer der Bahn, Augustin Kröll, selbst mehrfach für die jahrzehntelang begangenen Sünden wider die Natur entschuldigt.

Die Schneekanonen am Fellhorn und der Antrag für den sogenannten Scheidtobellift, der mitten durch ein Naturschutzgebiet verläuft, waren der Grund dafür, daß der Bund Naturschutz schon vor zwei Jahren bundesweit zum Boykott gegen die Bergbahn aufgerufen hatte.

Am Montag hat die Regierung von Schwaben in Augsburg grünes Licht für die Doppelsesselbahn gegeben. Sie soll auf einer Länge von gut einem Kilometer eine Berg- und eine Talstation verbinden, fünfzehn Stützen bekommen und hundertsiebzig Doppelsessel führen.

Schon 1988 wurde ein erster Antrag für diesen Lift eingereicht, vier weitere folgten. Alle wurden sie abgelehnt. Die jüngste Version jedoch kam durch. „Die geplante Errichtung der Doppelsesselbahn Scheidtobel entspricht bei Beachtung verschiedener Maßgaben den Erfordernissen der Raumordnung“, heißt es in einer Erklärung der Regierung.

„Von denen haben wir nichts anderes erwartet. Die reden doch immer nur über Natur- und Umweltschutz und tun genau das Gegenteil“, erklärt der Oberstdorfer Bund-Naturschutz-Vorsitzende Sigi Rohrmoser. Was die Naturschützer so wütend macht, ist die Tatsache, daß im Naturschutzgebiet Scheidtobel, einem der höchstgelegenen Hangmoorgebiete Deutschlands, Birk- und Auerhühner und zudem die extrem gefährdeten Rauhfußhühner leben. Außerdem wachsen hier seltene Enzianarten, Borstgrasrasen und vieles mehr.

Der Bergbahn-Sprecher begrüßte die Regierungsentscheidung: Nun könne dieses Gebiet ruhiggestellt und der Schutz der Rauhfußhühner gewährleistet werden. Der Lift soll nämlich einen Planungsfehler von 1972 ausgleichen. Das Naturschutzgebiet trennt zwei Skigebiete voneinander. Eine Überquerung war bislang nur mit der Gipfelbahn möglich, und dabei kam es bei starkem Andrang von Skifahrern zu Engpässen. Das soll mit der Fellhornbahn künftig verhindert werden.

Daß die Regierung von Schwaben einen landschaftspflegerischen Begleitplan fordert, tröstet die Naturschützer wenig. Am Fellhorn seien in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren rund fünfzig Hektar Gebirgslandschaft planiert, ganze Bergrücken gesprengt und abgetragen worden, sagt der BN-Landesbeauftragte Hubert Weiger. Ein endloses Sündenregister werde mit dem zusätzlichen Lift noch erweitert.

Der bayerische Landtag muß sich bereits mit einer Petition in Sachen Scheidtobellift befassen, und der bayerische Umweltminister wird von den Naturschützern aufgefordert, seiner vor kurzem abgegebenen Solidaritätserklärung mit den Rauhfußhühnern Taten folgen zu lassen. Klaus Wittmann