„Freihandelsminister“ will Wettbewerb am Kap

■ Nicht Südafrikas Gewerkschaften, sondern Unternehmer fürchten Marktwirtschaft

Johannesburg – Mit stärkerer Exportorientierung und bei Abschaffung der undurchsichtigen Gebühren- und Subventionspolitik, beteuert Südafrikas Minister für Handel und Industrie, Trevor Manuel, könne sein Land bis 1999 bis zu 500.000 Arbeitsplätze im Industriesektor schaffen. Das Freihandels-Credo kommt von einem Mann, der Anfang der 80er Jahre Südafrikas United Democratic Front (UDF) mitbegründete, eine Organisation, die dann wesentlich zum Widerstand gegen das Apartheid-Regime beitrug. Einst organisierte der heute 39jährige Trevor Manuel Mietboykotte, heute präsentiert er als Minister Ideen, die im ANC vor zwei Jahren noch nicht mehrheitsfähig waren. Trevor Manuel will den Wettbewerb fördern. Keine leichte Aufgabe: Rund 80 Prozent der an der Johannesburger Börse gehandelten Aktien gehören den Unternehmen eines Monopolquartetts.

Eigentumskonzentration, begrenzte Managerfähigkeiten, archaische Arbeitsorganisation, schlechte technologische Ausrüstung und wenig Sinn für Forschung und Entwicklung macht Trevor Manuel als die wesentlichen Mängel der Industrie seines Landes aus. Doch bei seinen Bemühungen, das zu ändern, stößt er nicht so sehr auf den Widerstand der Gewerkschaften. „Am meisten Probleme machen die Unternehmer“, so Manuel. Südafrikas Manager verfahren einem Börsenmakler zufolge streng nach dem Gebot „Don't rock the boat“ – nur keine Experimente.

Aber nicht nur mit einer Anti- Trust-Gesetzgebung will Trevor Manuel die Wirtschaft entflechten. Er verkündete bereits, auch zahlreiche Subventionen streichen zu wollen. Erstes Objekt ist Südafrikas Textilindustrie. Gegen diesen Plan laufen die entsprechenden Gewerkschaften und Unternehmer gemeinsam Sturm. Aber Manuel beharrt: „Die Textilindustrie ist nicht wettbewerbsfähig. Wir sollten unser Geld in zukunftsträchtigere Sparten stecken.“

Das sind für die verwöhnten Manager am Kap ungewohnt deutliche Worte. Zumal Südafrikas Wirtschaft nicht nur von einigen großen Monopolen kontrolliert wird, die Wirtschaftsbosse begegnen sich auch ständig bei irgendwelchen Aufsichtsratssitzungen – sogar bei denen der Konkurrenz. Das in der Welt wohl einmalige System garantierte in der Vergangenheit nicht nur ein gutes Auskommen. Es sorgte auch dafür, daß die verschiedenen Konzerne sich gegenseitig nicht auf die Füße traten.

Das Nachsehen hatten die Konsumenten. Und genau das will Manuel ändern. Wettbewerb, so seine Maxime, belebt das Geschäft. Doch auf die Frage, ob Südafrika Verstaatlichungen endgültig abgeschworen habe, weicht er aus: „Sehen Sie sich doch mein Programm für dieses Jahr an! Dann haben Sie die Antwort.“ Manche Antworten liegen eben auf der Hand, sind aber der ANC-Basis noch immer nicht zuzumuten. Willi Germund