Müllsteuer zwischengelagert

■ Finanzminister Waigel zieht Steuer auf Abfall und Abwasser vorläufig zurück

Bonn (AP/taz) – Die umstrittene „Müllsteuer“ ist vorläufig vom Tisch. Nach heftigen Protesten aus Ländern und Kommunen entschied Bundesfinanzminister Theo Waigel gestern in Bonn, die geplante Mehrwertsteuer auf Entsorgungs- und Abwassergebühren kommunaler Unternehmen noch einmal zu überdenken. Waigel lud die Länder und Kommunen zu „klärenden Gesprächen“ ein.

Der Minister räumte ein, daß es bei den geplanten Steuern zwischen Bund, Ländern und Kommunen „weiteren Abstimmungsbedarf“ gebe. Deshalb habe er beschlossen, daß die „Müllsteuer“ jetzt nicht in den Kabinettsentwurf zum Jahressteuergesetz 1996 aufgenommen werden soll. Ursprünglich sollte die neue Steuer schon heute von der Bundesregierung beschlossen und auf den parlamentarischen Weg gebracht werden.

Waigel machte aber zugleich deutlich, daß die steuerliche Gleichstellung privater und öffentlicher Anbieter kommunaler Leistungen nach wie vor geboten sei. Das Steuerrecht müsse wettbewerbsneutral sein. Sollte es bei den Gesprächen mit Ländern und Kommunen nicht zu einer Einigung kommen, könnte der Bundesfinanzhof nach Waigels Auffassung noch in diesem Jahr „eine Klärung der geltenden Rechtslage“ herbeiführen. Dies könne laut Waigel dann dazu führen, daß die Finanzrichter eine Steuerpflicht kommunaler Unternehmen schon nach geltendem Recht für zwingend halten. „Dies hätte eine Besteuerung aller Entsorgungsleistungen mit dem vollen Umsatzsteuersatz zur Folge“, erklärte Waigel. Auch Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt will im Grundsatz an der „Müllsteuer“ festhalten.

In dem jetzt zurückgezogenen Entwurf war vorgesehen, daß ab Januar 1996 die Entsorgung von Abwasser dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent und die von Abfall und die Straßenreinigung dem vollen Steuersatz von 15 Prozent unterliegen sollte. Die Kommunen hatten erklärt, die geplanten Steuerlasten würden auf die kommunalen Gebühren aufgeschlagen. Die SPD rechnete aus, daß eine vierköpfige Familie mit 200 Mark mehr belastet worden wäre.