Nelson Mandela nimmt Winnie ihren Thron

■ Südafrikas First Lady „im Interesse einer sauberen Regierung“ gefeuert

Johannesburg (taz) – Südafrikas Staatspräsident Nelson Mandela hat gestern seine von ihm getrennt lebende Ehefrau Winnie vom Posten der stellvertretenden Ministerin für Kultur, Kunst, Technologie und Wissenschaft entlassen. „Die Entscheidung wurde im Interesse einer sauberen Regierung und guter Standards unter den Mitgliedern der Regierung der Nationalen Einheit gefällt“, sagte der Staatschef. Es ist ein Versuch, einen Schlußstrich unter eine Karriere zu ziehen, die dem Ansehen der südafrikanischen Regierung in letzter Zeit immer mehr geschadet hatte. Erst am Wochenende hatte Winnie Mandela wieder gegen die Regierung opponiert und sie öffentlich wegen der Ausgaben für den Besuch der britischen Königin kritisiert.

Nelson Mandelas Beteuerungen, die Korruption in Südafrika bekämpfen zu wollen, klangen kaum glaubwürdig, solange Winnie in Amt und Würden saß. Seit Monaten erregen Winnies Affären um angebliche Finanzmanipulationen Aufsehen. Auch persönlichen Streit gab es: So flog Winnie zum afrikanischen Filmfestival in Burkina Faso, obwohl Nelson ihr die Reise untersagt hatte. Zuvor hatte sie sich entschuldigen müssen, weil sie Nelson Mandelas Versöhnungspolitik angegriffen hatte. Bis zuletzt hielt zwar Vizepräsident Thabo Mbeki seine schützende Hand über Winnie – er benötigte ihre Unterstützung in seinem Machtkampf mit ANC-Generalsekretär Cyril Ramaphosa. Aber als die Polizei am 1. März ihr Haus in Soweto wegen des Verdachts auf Unterschlagung und Korruption durchsuchte, klagte sie: „Ich fühle mich verraten.“ Ein Gericht erklärte letzte Woche die Durchsuchung für rechtswidrig und bescherte Winnie damit noch einen kurzlebigen Triumph.

Nelson Mandela hatte sich von Winnie Anfang 1993 getrennt. Doch nach Südafrikas ersten demokratischen Wahlen im April 1994 entschied sich der neue Präsident aus Loyalität und Rücksichtnahme, seine Ehefrau in das Kabinett aufzunehmen. Denn die „Mutter der Nation“ genießt vor allem unter jungen radikalen Anhängern des ANC eine starke Gefolgschaft. Außerdem brachte sie die ANC- Frauenliga unter ihre Kontrolle und errang in der „Vereinigung traditioneller Führer Südafrikas“ (Contralesa), einem Sammelsurium von Häuptlingen, das Amt des Schatzmeisters – eine Schlüsselposition für die für November geplanten Kommunalwahlen.

Ob Winnie Mandela nun endgültig am Ende ist, bleibt zweifelhaft. Am Sonntag stellten sich schon mit Toni Yengeni und Tourismusminister Peter Mokaba zwei Mitglieder des radikalen ANC-Flügels auf ihre Seite. Der ANC erklärte, Winnie Mandela werde ihre Ämter in der Organisation behalten. Und auch Nelson Mandela hat die Hoffnung nicht aufgegeben: „Ich hoffe, diese Entscheidung wird ihr helfen, ihre Position und ihr Verhalten zu überdenken“, gab er seiner Frau zum Abschied mit auf den Weg. Willi Germund