Leichtfertig dahergeredet

■ betr.: „Kurden als Täter ausge macht“, taz vom 20. 3. 95

Es ist erschreckend, zu lesen, wie leichtfertig der deutsche Außenminister in einer für viele ImmigrantInnen aus der Türkei bedrohlichen Lage daherredet. Einmal abgesehen davon, daß sich die Bundesregierung damit, daß sie die PKK und ihr nahestehende Organisationen zu terroristischen Vereinigungen erklärte, den türkisch-kurdischen Konflikt ins eigene Land holte, werden jetzt vom deutschen Außenminister die Kurden (insgesamt) als Attentäter ausgemacht. Damit wird eine ganze Gruppe von ImmigrantInnen, die friedlich bei uns lebt, diskriminiert. Und so werden – vom Außenminister selbst – neue Feindbilder produziert: die Kurden. Damit tritt Außenminister Kinkel in die Fußstapfen der türkischen Ministerpräsidentin Tansu Çiller, die ja auch die Kurden für den desolaten Zustand der Türkei verantwortlich macht.

Wenn Straftaten in unserem Land begangen werden, wie sie die Überfälle auf türkische Reisebüros, Versammlungsräume etc. zweifellos darstellen, dann sollten sie, sobald die TäterInnen bekannt bzw. gefaßt sind, mit dem Strafgesetz geahndet werden. ImmigrantInnen sollte dann das Gesetz nicht weniger treffen als deutsche StraftäterInnen – aber auch nicht härter. Kollektivdiskriminierung, wie jetzt vom Außenminister ausgesprochen, sind in dieser Situation völlig unangebracht, da sie nicht nur falsch ist, sondern dazu auch noch die Rassisten in unserem Land bestärkt. Prof. Dr. Helmut Essinger,

Mitglied im Vorstand der Inter-

nationalen Liga für Menschen-

rechte, Berlin