Kein Schutz für Heimbewohner

■ Nach der Ermordung von fünf VietnamesInnen blockiert die Berliner Polizei die Auflösung der Wohnheime / Innensenator Heckelmann nennt lediglich Abschiebung als probates Gegenmittel

Berlin (taz) – Zwischen dem Berliner Polizeipräsidenten Hagen Saberschinsky und der Ausländerbeauftragten Barbara John gibt es nach den Morden an fünf VietnamesInnen in der letzten Woche Streit über die Schließung von Ausländerwohnheimen. John warf dem Polizeipräsidenten vor, „rechtsfreie Räume“ in der Stadt zu dulden. Gemeint sind die Zustände in vier Wohnheimen, die als Basis für den Zigarettenschmuggel genutzt werden.

In den vier Heimen wohnen nur noch wenige der ehemaligen vietnamesischen Vertragsarbeiter. Viele der 1.500 regulären Mieter haben ihre Wohnungen – teils freiwillig, teils unter Druck – an vietnamesische Asylbewerber untervermietet. Häufig leben bis zu 20 Personen in einer Dreizimmerwohnung. Während Barbara John davon ausgeht, daß eine Schließung der Heime die Verteilungs- und Kommunikationsstrukturen der Mafia erschwert, blocken der Innensenator, die Polizei und die CDU-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses den Vorschlag ab. Es sei für die Polizei dann noch schwieriger, die kriminellen Strukturen unter Kontrolle zu bekommen, erklärte Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) gestern im Innenausschuß des Abgeordnetenhauses. Als „effiziente Dauerproblemlösung“ nannte er die Abschiebung von Straftätern und abgelehnten Asylbewerbern. Bundesaußenminister Kinkel müsse sich dafür einsetzen, daß Vietnam eine Rückführung seiner Staatsbürger nicht länger verhindere.

Der Polizeipräsident lehnte selbst Johns Forderung nach Polizeischutz für die Bewohner der Heime ab. Dies sei ein „nicht mal ansatzweise wirksames Gegenmittel gegen die organisierte Kriminalität“ und könne auch den Schutz der Bewohner nicht gewährleisten. Die Polizei sperrt sich vor allem deshalb gegen die Heime, weil sie bei ihren wöchentlichen Razzien bislang wenigstens „Erfolge“ bei der Beschlagnahmung von unverzollten Zigaretten vorweisen kann. Unterstützung erhielt die Ausländerbeauftragte dagegen von den innenpolitischen Sprechern von Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Die SPD bezog keine eindeutige Position. – Konkrete Hinweise auf die Täter gibt es auch fünf Tage nach den Morden nicht. „Wir ermitteln in alle Richtungen“, erklärte Justizsprecher Thiel. Fest stehe, daß die Opfer mit zwei Faustfeuerwaffen vom Kaliber 7,65 und 9 Millimeter ermordet worden seien. Über die Identität der Toten wollte der Justizsprecher keine weiteren Angaben machen. Informationen, wonach zwei Zeugen unter Polizeischutz gestellt worden sein sollen, wollte er ebenfalls nicht bestätigen. Dorothee Winden