Tor zur Verarmung

■ Kirche kritisiert Seehofers Sozialpläne

Bonn (AFP) – Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat die von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer vorgelegten Eckpunkte der Sozialhilfereform scharf kritisiert. Mit dem Reformpaket werde ein Tor zur breiten Verarmung einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht geöffnet, sagte der Sozialexperte der EKD, Oberkirchenrat Tilman Winkler, der in Chemnitz erscheinenden Freien Presse (Freitagsausgabe). Der Bundesregierung gehe es nicht um die Sozialhilfeempfänger, sondern um die Wohlsituierten in der Gesellschaft. Seehofer habe mit seinen Vorschlägen Öl in das Feuer der Mißbrauchsdiskussion gegossen und sich zum Wortführer derer gemacht, die Menschen in Not keine Hilfe gönnten, sagte Winkler weiter.

Der sozialpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ottmar Schreiner, bezeichnete Seehofers Pläne als unrealistisch. Entscheidend sei, daß in wachsendem Maße Menschen in die Sozialhilfe hineinrutschten. „Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren ja alles getan, um diesen Prozeß zu beschleunigen und die Kommunen vor fast nicht mehr lösbare Aufgaben zu stellen.“ Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Schäuble, erklärte hingegen, mit der Reform sollten vor allem Fehlentwicklungen im Sozialhilfesystem korrigiert werden, „trotz aller bitterer Not, die es im Einzelfall gibt“.Interview auf Seite 10