Diepgen infiziert sich an Bio-Waffe

■ Gemeinheit der chinesischen Kommunisten: Pandabärin soll von Menschenrechtsfragen ablenken „KP-Virus“ befällt auch Journalisten / Innenverwaltung verweist an Senator Luther, doch der schweigt

Virusgefahr für die Millionen- Metropole Berlin: Die Pandabärin „Yan Yan“, die Eberhard Diepgen (CDU) aus Peking mitbringt, ist offenbar eines der gefährlichsten Gastgeschenke der chinesischen Staats- und Parteiführung. Die Bärin versetzt ihre Betrachter derart in Entzücken, daß diese nicht nur Alltagssorgen, sondern auch wichtige politische Probleme erst verdrängen und dann ganz vergessen.

Zu den ersten Opfern der gemeinen Bio-Waffe zählt der Regierende Bürgermeister. Obwohl die Städtepartnerschaft Berlin/Peking für eine Verbesserung der Menschenrechtssituation in China genutzt werden soll, hat der CDU- Politiker diese Frage bei seinen Begegnungen mit chinesischen Poltikern bislang ausgespart. Bei seiner Peking-Reise im April vergangenen Jahres hatte Diepgen noch eine Liste von amnesty international (ai) mit den Namen von 14 politischen Gefangen im Gepäck. Nach Auskunft von amnesty soll sich Diepgen damals konkret für vier Gefangene eingesetzt haben.

Was aus ihnen wurde, ist unklar. Im Dezember seien jedenfalls mehrere Leute von der 14er-Liste zu „dramatischen Haftstrafen“ verurteilt worden, hieß es gestern bei ai. Manche sind für 20 Jahre hinter Gitter gekommen. Diesmal hat Diepgen offenbar gleich gar keine Liste mitgenommen. Denn weder amnesty noch der Senatskanzlei war gestern bekannt, daß sich der Regierende für bestimmte Personen einsetzen will.

Auch vor den Berichterstattern, die den befallenen Regierenden Bürgermeister begleiten, macht das „KP-Virus“ nicht halt. Am härtesten hat es neben Springers BZ den Reporter der Bild-Zeitung, Ulf Göttges, getroffen. Seit seinem Aufenthalt in Peking glaubt er, selbst ein Pandabär zu sein. Täglich schreibt er in seinem Boulevardblatt als „Yan Yan“. Auch die Berliner Zeitung schwärmt nur noch: „Schätzchen, die Niedliche kann kommen“.

Die Innenverwaltung nimmt die Bio-Waffe der Kommunisten noch nicht ernst. Wie Heckelmanns Sprecher Thomas Raabe sagte, würden Menschenrechtsfragen „zuvörderst von der Bundesregierung“ behandelt. Für Gesundheitsfragen sei wiederum Senator Peter Luther zuständig. Doch dessen Sprecher Ulf Hermann verweigerte eine Stellungnahme: „Zu Menschenrechtsfragen will ich mich nicht äußern.“ Und zur Bio- Waffe? „Kein Kommentar.“

Sollte Diepgen dauerhaft erkranken, sind politische Konsequenzen nicht auszuschließen. Nach seiner Reise im vergangenen Jahr hatte die Große Koalition schon einmal eine ernsthafte Kraftprobe zu bestehen. Denn zuvor war der Regierende Bürgermeister erstmals vom „Panda-Fieber“ befallen – und hatte unter hoher Körpertemperatur die Städtepartnerschaft mit Peking unterzeichnet. Fünf Jahre zuvor hatte die chinesische KP-Führung auf dem Platz des Himmlischen Friedens Panzer gegen Demonstranten auffahren lassen. Der damalige SPD-Fraktionschef Ditmar Staffelt warf dem Regierenden nach der Unterzeichnung der Städtepartnerschaft einen „großen politischen Fehler“ vor. Danach beschloß das Abgeordnetenhaus, daß die Partnerschaft wenigstens für die Verbesserung der Menschenrechtslage genutzt werden müsse.

Diepgen wird sich nach der Reise nicht mit seinem Gesundheitszustand entschuldigen können. „Geheimdiplomatie lehnen wir ab“, sagte gestern der Bonner ai-Sprecher Gunnar Köhne. Der Regierende habe sich „ganz konkret für Betroffene einzusetzen und hinterher öffentlich über die Ergebnisse seiner Bemühungen zu berichten“. Dirk Wildt