■ Es gibt eine ganz spezielle „Osterbotschaft“ der Großen Koalition in Bonn: den Hirntod
: Auferstehung und ewiges Leben — warum nicht mal im Diesseits?

Rudolf Dreßler (SPD) kündigte für Ende April Konsensgespräche mit der Regierung zum Transplantationsgesetz an. Als sei die Frage, wer einer Organentnahme zustimme, eine bloße Angelegenheit des politischen Pragmatismus, ist von Widerspruchslösung oder Informationslösung die Rede. Was nicht gesagt wird: Nach den Osterfeiertagen soll es einen neuen, gesetzlich festgeschriebenen Todesbegriff geben – den Hirntod.

Hirntod: Vorausgesetzt, die lebenden Organe des auf diese Weise als tot definierten Menschen eignen sich für ein Weiterleben in einem anderen Leib. Wenn nicht, darf er weiter seinem Sterben überlassen werden. Das Konsensvorhaben von Gesundheitsminister Seehofer und dem Sozialexperten der SPD macht aus nicht mehr willensbestimmungsfähigen Sterbenden kurzerhand Leichen und leitet daraus weitere praktische Regelungen ab.

Hirnorgantod ist aber nicht Tod des Menschen. Es sei denn, man reduziert ihn auf sein Hirn. Daran kommt die große All-Alt-Parteienkoalition beim Transplantationsgesetz nicht vorbei. Deren präferierte sogenannte „erweiterte Zustimmungsregelung“ verfolgt offen das zweckbestimmte Ziel, möglichst viele lebende Organe ohne viel Widerspruch zu gewinnen.

Verlieren werden dabei viele Sterbende nichts weniger als ihr Leben. Einem Teil von ihnen gehen die unveräußerlichen Persönlichkeitsrechte abhanden. Denn wenn der in testamentarischer Weise erklärte Wille der/des Sterbenden zur Organentnahme bei dissoziiertem Hirntod fehlt und dennoch explantiert wird, dann ist die Unveräußerlichkeit des Selbstbestimmungsrechtes nicht mehr ungeteilt gültig.

Die aktuelle Frage, ab wann Sterben Tod ist, ist keine. Die neue Definition Hirntod ist deshalb auch keine Antwort, sondern eine willkürliche Festlegung.

Mit der Transplantationsmedizin verbinden sich tiefgreifende Ethik- und Wertefragen. Es gibt eine neue Wirklichkeit. Warum haben Regierung und SPD diese erstaunliche Eile? Die wesentlichen Fragen werden doch erst jetzt gestellt!

Bei Fragen von Leben und Tod darf Politik sich nur von einem Interesse leiten lassen: Sie muß im Konsens mit den Normen und Prinzipien unserer zivilen bürgerrechtlichen Gesellschaft Rechtssicherheit gewährleisten. Im Rahmen der Transplantationsmedizin wäre eine restriktive Zustimmungsregelung im Sinne eines Schutzrechtes für die SpenderInnen ein möglicher Kompromiß. Eine Übertragbarkeit der Zustimmung geht nicht. Monika Knoche

MdB, Bündnis 90/Die Grünen