SPD: „Versteckspiel beenden“

■ Staatsminister Schmidbauer soll wegen Plutoniumaffäre auf Spaniens Sonne verzichten und sich „unverzüglich“ stellen

Bonn (taz) – Wegen der Affäre um den vermutlich vom Bundesnachrichtendienst (BND) selbst organisierten Plutonium-Schmuggel vor einem Jahr will die SPD den Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Staatsminister Bernd Schmidbauer, möglichst bald in Bonn sehen. Schmidbauer, der zur Zeit in Spanien urlaubt, solle sein „Versteckspiel“ beenden, forderte der SPD-Abgeordnete Norbert Gansel. Er müsse sich „unverzüglich und öffentlich den Fragen aus Presse und Politik zu seiner Rolle bei der Plutoniumaffäre stellen“.

Unterdessen hat sich der Vizepräsident des Bundestages, Burkhard Hirsch (FDP), der Forderung nach einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß indirekt angeschlossen: In der BND-Affäre müßten, so Hirsch, „sämtliche parlamentarischen Kontrollrechte“ wahrgenommen werden.

Nach Auffassung von Hirsch, der auch der Parlamentarischen Kommission zur Kontrolle der Geheimdienste (PKK) angehört, wird die Affäre über den BND hinaus auch noch Kreise in Polizei und Politik ziehen. Er gehe davon aus, daß etwa der „bayerische Justizminister beteiligt gewesen sein muß“. Auch die Rolle des bayerischen Landeskriminalamts sei aufzuklären: „Ich sehe die Probleme eher in der Zusammenarbeit der Nachrichtendienste und der Polizeien und deren Aufsicht“, sagte Hirsch.

Hirsch sprach von einer „beachtlichen Gefahr“, die entstehe, wenn man „internationalen Wirrköpfen“ einen Markt für Plutonium vorspiegle, den es nicht gebe. Es sei auffallend, daß Fälle angeblichen Plutonium-Schmuggels in Deutschland immer wieder eine Rolle spielten, während so etwas aus dem Ausland nicht bekannt sei.

Die Notwendigkeit, die Arbeit der Geheimdienste und deren parlamentarische Kontrolle überhaupt gesetzlich neu zu regeln, sieht Hirsch im Augenblick nicht. Es gebe seit drei Jahren eine neue Fassung des Gesetzes über die PKK und einige weitgehend neue Rechte für die Kommission, „deren Bewertung man abwarten muß.“

Die Regierungsparteien Union und FDP hatten im März 1992 mit einem gemeinsam verabschiedeten Gesetz versucht, die bundesdeutschen Geheimdienste, Bundesnachrichtendienst, Verfassungsschutz und Militärischer Abschirmdienst, stärker an die Kandare zu nehmen. Die Dienste müssen seither die PKK über wichtige Vorgänge informieren. Bis dahin konnten sie selbst entscheiden, was sie den Kontrolleuren vortragen wollten. Darüber hinaus haben die PKK-Mitglieder Akteneinsicht bei den Diensten und können einzelne Geheimdienstmitarbeiter vorladen, während sie zuvor nur vom jeweiligen Präsidenten informiert wurden. Auch die Angestellten der Geheimdienste erhielten durch das neue Gesetz die Möglichkeit, sich direkt an die PKK zu wenden, ohne den Dienstweg einzuhalten. Andrea Dernbach